Jan­nes Thode

Wis­sen­schaft­li­cher Mitarbeiter

Email:
jannes.thode[at]zmo.de

Adres­se:
Kirch­weg 33
14129 Ber­lin
Ger­ma­ny

Werdegang

Nach mei­nem Dop­pel­stu­di­um für den M.A. Phi­lo­so­phie und B.A. Regio­nal­wis­sen­schaf­ten Asien/Afrika an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin und der par­al­le­len Beschäf­ti­gung als stu­den­ti­sche Hilfs­kraft für den Lehr­stuhl „Kul­tu­ren und Gesell­schaf­ten Süd­asi­ens“ und dem MIDA-Pro­jekt hel­fe ich seit April 2024 als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter bei der all­täg­li­chen Koor­di­na­ti­on des MIDA-Pro­jek­tes. Dies beinhal­tet die Pfle­ge der Web­sei­te, Orga­ni­sa­ti­on von Work­shops und Kon­fe­ren­zen, sowie edi­to­ri­sche Auf­ga­ben bei der Ver­öf­fent­li­chung von Archi­val Refle­xi­con Arti­keln und The­ma­ti­schen Res­sour­cen. Im Rah­men des Pro­jek­tes inter­es­sie­re ich mich für den Zusam­men­hang von Affekt, Atmo­sphä­re und Macht in Archiven.

Dar­über hin­aus for­sche ich im Rah­men mei­nes im Juli 2024 begon­ne­nen Dis­ser­ta­ti­ons­pro­jek­tes zum Zusam­men­hang von Affekt und Gewalt im kolo­nia­len Ben­ga­len nach 1756. Die­sem Zusam­men­hang möch­te ich anhand des Kon­zep­tes der Gewalt­at­mo­sphä­re nach­ge­hen, um den Fokus von krie­ge­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen hin zu all­täg­li­chen For­men von Gewalt oder auch einer all­ge­mei­nen Anspan­nung, die Gewalt begüns­tig­te, zu verschieben.

Dissertation: State of Tranquillity? Affect, Atmosphere and Violence in Early Colonial Bengal

In mei­ner Dis­ser­ta­ti­on möch­te ich den Zusam­men­hang von Affekt, Angst und Gewalt in der gegen­wär­ti­gen For­schung zum kolo­nia­len Indi­en berei­chern. Ich ver­su­che, die Fra­gen zu beant­wor­ten, wie ver­schie­de­ne Affek­te im frü­hen kolo­nia­len Ben­ga­len mit­ein­an­der ver­wo­ben waren, wie die­se Affek­te im sozio-phy­si­schen Raum gelebt und mate­ria­li­siert wur­den und wie die­se mate­ria­li­sier­ten Affek­te die Anwen­dung von Gewalt ermög­lich­ten und erleich­ter­ten. Mit die­sen Fra­gen hof­fe ich nicht nur, ein Kor­rek­tiv zu den roman­ti­sier­ten his­to­ri­schen Dar­stel­lun­gen des bri­ti­schen Empires zu bie­ten, son­dern auch einen Bei­trag zur lau­fen­den Debat­te über kolo­nia­le Gewalt zu leis­ten, indem ich die Bedeu­tung atmo­sphä­ri­scher Prak­ti­ken als Vor­be­din­gun­gen für gewalt­tä­ti­ges Han­deln aufzeige.

Ich unter­su­che die­sen Zusam­men­hang in den Anfän­gen des kolo­nia­len Ben­ga­len, von 1756 bis 1793, als die East India Com­pa­ny von einer Han­dels­ge­sell­schaft zum loka­len Herr­scher von Ben­ga­len auf­stieg. Die­se neue Vor­macht­stel­lung lös­te Debat­ten über Sou­ve­rä­ni­tät, Besteue­rung oder Recht­spre­chung aus und ver­än­der­te das Ver­hält­nis zwi­schen den Bri­ten und der loka­len Bevöl­ke­rung auf fun­da­men­ta­le Art und Wei­se. Dies beinhal­te­te auch eine affek­ti­ve Umstruk­tu­rie­rung, die sich durch einen lang­sa­men Über­gang von einer flie­ßen­den und inter­ak­ti­ven Bezie­hung zwi­schen den Beam­ten der Kom­pa­nie und den loka­len Ver­mitt­lern zu einer distan­zier­te­ren, skep­ti­sche­ren, miss­traui­sche­ren und ras­sis­ti­sche­ren Bezie­hung aus­zeich­net. Obwohl die­se Zeit des Über­gangs und der Trans­for­ma­ti­on umfas­send erforscht wur­de, ist die Bezie­hung zwi­schen Affekt und Gewalt noch unterbeleuchtet.

Ich wer­de zunächst ver­su­chen, ein tie­fe­res Ver­ständ­nis der gesam­ten affek­ti­ven Land­schaft der Bri­ten zu erlan­gen und her­aus­zu­fin­den, wie sie sich im Lau­fe die­ser Jah­re ver­än­dert hat. Ich kon­zen­trie­re mich nicht auf einen Affekt oder eine sozia­le Grup­pe, son­dern ana­ly­sie­re die affek­ti­ve Land­schaft als viel­schich­tig: mit ver­schie­de­nen Affek­ten, die mit­ein­an­der in Kon­flikt ste­hen oder kon­ver­gie­ren, sich gegen­sei­tig dämp­fen oder ver­stär­ken. So ist bei­spiels­wei­se die Angst von Gene­rä­len, die stän­dig eine unbe­kann­te und dif­fu­se Bedro­hung anti­zi­pier­ten, grund­le­gend zu unter­schei­den von der Angst der Beam­ten, die mit Bedeu­tungs­ver­lust und Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit kämpf­ten. Dar­über hin­aus ist Angst als Affekt nicht leicht von ande­ren Affek­ten wie Furcht, Lie­be, Zunei­gung oder Trau­rig­keit zu tren­nen. Nur die­ser Kom­plex ver­schie­de­ner, mit­ein­an­der ver­wo­be­ner Affek­te kann den gewalt­tä­ti­gen Cha­rak­ter des bri­ti­schen Empire im kolo­nia­len Indi­en ange­mes­sen erfassen.

Zwei­tens kon­zen­trie­re ich mich auf Affekt als eine Bezie­hung zwi­schen Kör­pern und Din­gen, die den sozio-phy­si­schen Raum bewoh­nen und gestal­ten. Wäh­rend sich die Lite­ra­tur über Angst eher auf dis­kur­si­ve Prak­ti­ken wie die Medi­en­be­richt­erstat­tung über Ereig­nis­se und deren Rah­mung kon­zen­triert, rich­te ich mein Augen­merk auf räum­li­che Prak­ti­ken und dar­auf, wie Affekt in den phy­si­schen Raum ein­ge­bet­tet ist. Mit­hil­fe des Begriffs der Atmo­sphä­re unter­su­che ich die phy­si­sche Mate­ria­li­sie­rung von Affekt und zei­ge, wie das Gefühls­le­ben des Ein­zel­nen durch die Räu­me, die er bewohnt, zum Aus­druck kommt und gleich­zei­tig von ihnen geprägt wird. Archi­tek­tur oder räum­li­che Ritua­le wer­den dann als affek­ti­ve Prak­ti­ken betrach­tet, die eine Atmo­sphä­re schaf­fen und ver­än­dern. Die Bri­ten schu­fen oder eig­ne­ten sich bestimm­te Räu­me und Ritua­le an, um sich zu Hau­se zu füh­len oder um eine Atmo­sphä­re der Sicher­heit und Gebor­gen­heit zu schaffen.

Schließ­lich möch­te ich unter­su­chen, wie bri­ti­sche atmo­sphä­ri­sche Prak­ti­ken die Bedin­gun­gen dafür schu­fen, dass kolo­nia­le Gewalt sowohl in all­täg­li­chen Inter­ak­tio­nen als auch in außer­ge­wöhn­li­chen Exzes­sen ent­ste­hen konn­te. Ich argu­men­tie­re, dass Gewalt durch die Ver­än­de­rung einer Atmo­sphä­re ermög­licht wird. Inso­fern behaup­te ich, dass die Bri­ten durch die Gestal­tung des sozio-phy­si­schen Raums eine Atmo­sphä­re der Span­nung schu­fen, die Gewalt begüns­tig­te. Die Prak­ti­ken, die sie anwand­ten, um ihrer Angst ent­ge­gen­zu­wir­ken, waren dabei immer schon von einer Kon­fron­ta­ti­on mit die­ser Angst beglei­tet und ver­stärk­ten sie. Indem sie ver­such­ten, an einem frem­den Ort bri­ti­sche Räu­me zu schaf­fen, wur­de die Fremd­heit die­ses Ortes noch auf­fäl­li­ger und ein­schüch­tern­der, wäh­rend ihre Macht­de­mons­tra­ti­on die bri­ti­schen Akteu­re beru­hig­te und die Hemm­schwel­le für die Aus­übung von Gewalt senkte.

Qualifikationen

seit 2024 Pro­mo­ti­ons­stu­dent im Fach Süd­asi­en-Stu­di­en, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin
Schwer­punkt: Kolo­nia­les Ben­ga­len, Affekt, Gewalt
Arbeits­ti­tel: Sta­te of Tran­quil­li­ty? Affect, Atmo­sphe­re and Vio­lence in Ear­ly Colo­ni­al Bengal

2019 – 2024 B.A. Regio­nal­wis­sen­schaf­ten Asien/Afrika, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin
Schwer­punkt: Süd­asi­en, Kolo­nia­les Indien

2018 – 2023 M.A. Phi­lo­so­phie, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin
Schwer­punkt: Mar­xis­mus, Ideo­lo­gie­theo­rie, Sozia­le Epis­te­mo­lo­gie, Affekt
Mas­ter­ar­beit: Hof­fen­de Sub­jek­te: Alt­hus­ser und der Hoff­nungs­dis­kurs der ana­ly­ti­schen Philosophie

2015 – 2018 B.A. Phi­lo­so­phie & Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin
Schwer­punkt: Onto­lo­gie, Meta­phy­sik
Bache­lor­ar­beit: War­um es Kunst­wer­ke nicht gibt, wir aber den­noch dar­über reden kön­nen: Ver­such eines kunst­on­to­lo­gi­schen Fiktionalismus

Beruflicher Werdegang

seit 2024 Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter / DFG-Lang­frist­vor­ha­ben „Das Moder­ne Indi­en in deut­schen Archi­ven“, Leib­niz-Zen­trum Moder­ner Ori­ent, Berlin

2022 – 2024 Stu­den­ti­sche Hilfs­kraft / DFG-Lang­frist­vor­ha­ben „Das Moder­ne Indi­en in deut­schen Archi­ven“, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin, Berlin

2021 – 2024 Stu­den­ti­sche Hilfs­kraft / Lehr­stuhl „Kul­tu­ren und Gesell­schaf­ten Süd­asi­ens“, Semi­nar für Süd­asi­en­stu­di­en, IAAW, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin, Berlin

Lehrerfahrung

Win­ter­se­mes­ter 2023/2024 B.A. Semi­nar: Puls der Nati­on: Per­spek­ti­ven auf Nati­on und Natio­na­lis­mus in Süd­asi­en, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin, Berlin

Publikationen

zusam­men mit Pau­la Schna­bel: „Archi­val Silen­ces and Indo-Ger­man Ent­an­gle­ments: Ways of Unco­ve­ring Hid­den Voices“. The Bod­lei­an Con­vey­or, 20.11.2024. Ver­füg­bar unter https://blogs.bodleian.ox.ac.uk/theconveyor/archival-silences-and-indo-german-entanglements-ways-of-uncovering-hidden-voices/.