Am 12.–13. Dezember 2019 in Göttingen.
Schon an der europäischen Expansion des 15./16. Jahrhunderts nach Asien waren Deutsche beteiligt: Handelshäuser wie die Welser und Fugger ermöglichten den Portugiesen finanzielle Unterstützung für die Indienreisen und ab 1502/03 nahmen Deutsche unmittelbar daran teil. Mit dem Aufkommen der verschiedenen europäischen Ostindienkompanien verstärkte sich diese Entwicklung und gerade im 18. Jahrhundert zog es zahlreiche Deutsche nach Indien. Sie waren nicht allein als Händler, Soldaten oder Seeleute tätig, sondern wirkten unter anderem als Missionar, Naturforscher, Handwerker, Apotheker, Arzt oder als Porträtmaler in Indien. Zum Teil standen sie auch in Diensten indischer Fürsten. Die Übergänge konnten jedoch fließend sein, wenn sich etwa ein Missionar zeitgleich als Kaufmann, Handwerker, Lehrer oder Naturforscher betätigte oder aber Ärzte, Missionare oder Apotheker botanisierten. Auch gab es regelrechte Überlebenskünstler mit einer beachtlichen sozialen Mobilität, die zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Tätigkeiten ausübten.
Der Workshop wird sich vergleichend dieser bisher vernachlässigten Vielfalt anhand von Gruppenanalysen wie Einzelfallstudien zuwenden. Er fragt (1.) nach den Reisemotivationen, zum Beispiel nach dem Ablauf von möglichen Anwerbungen in Europa, nach den individuellen Indienbildern und nach der Nachfrage nach bestimmten Berufsgruppen in Indien. Zudem beschäftigt er sich (2.) mit den sozialen Schichtungen selbst. Er geht der Frage nach Unterschieden zu Europa und der Repräsentation von Differenz zwischen Berufsgruppen, Schichten, “Nationen” oder aber hinsichtlich der Inder nach. Weiterhin beleuchtet der Workshop (3.) konkrete Lebensumstände, subjektive Wahrnehmungen und Erfahrungen in Indien und potenzielle Diskrepanzen zu anfänglichen Vorstellungen eines Aufenthaltes. Mögliche Themen wären die jeweiligen Bewältigungsformen der Deutschen und ihre Reaktionen auf politische, ökonomische und soziale Veränderungen und Katastrophen wie Kriege oder Hungersnöte.