Von Gerdien Jonker
Veröffentlicht 2019 & 2021
DOI 10.25360/01–2022-00027
Foto: Ein Foto von einer Kiste gefüllt mit zerbrochenem Geschirr und Buddhastatuen
Dieser Artikel ist eine erweiterte Version des 2019 veröffentlichten Artikels „Das Archiv des Buddhistischen Hauses in Berlin-Frohnau“. Nach der Veröffentlichung des Textes wurde die Autorin von einem sri-lankischen Historiker mit Verbindungen zur dortigen Dharmaduta Society kontaktiert. Das 2021 verfasste Postscript gibt Einblick in diesen Austausch. Falls Sie die ursprüngliche Version dieses Textes zitieren möchten, so finden Sie ihn hier.
Inhaltsverzeichnis
Publikationen im Archiv | Das Haus als Archiv | Der Zettelkasten | Das Archiv der Dinge | Auflistung des Archivguts | Literaturverzeichnis | Korrespondierende Archive
Postscript | 1. Ceylon als das „Mekka“ deutscher Buddhisten | 2. Verbindungen des Buddhistischen Hauses in Berlin zu den Nationalsozialisten | 3. Die singhalesische Mission „für Deutschland“ | 4. Deutschland im Spiegel der singhalesischen Presse | 5. England in der Erinnerungspolitik der singhalesischen Buddhisten | Vorläufiges Fazit | Endnoten
Vorbemerkung: Das Interesse der deutschen Lebensreformbewegung richtete sich um 1900 vor allem auf Indien, das für die „Weisheit aus dem Osten“, die „Mystik“ und die „Religion der Zukunft“ stand, aber auch für „Ariertum“ und die „arische Seele“. Man näherte sich diesen Phänomenen durch religiöse Experimente und Orientfahrten an. Gleichzeitig öffneten diese Kontakte auch vielfaltigen Missionen aus Indien, die nach dem ersten Weltkrieg in Deutschland Fuß fassten, Tür und Tor. Das Archiv der Moschee in Wilmersdorf gibt Auskunft über 100 Jahre religiöse Kommunikation zwischen Berlin und Lahore, zwischen Theosophie und Lebensreform auf der einen und der islamischen Moderne auf der anderen Seite. Analog dazu gibt das Archiv des buddhistischen Hauses Berlin, um das es in diesem Beitrag geht, Auskunft über 100 Jahre religiöse Kommunikation zwischen Berlin und Colombo: zwischen Theosophie und Lebensreform auf der einen und Buddhismus auf der anderen Seite. Zwischen beiden Missionen gab es vielfältige Ansätze der Kommunikation. Entsprechend kommunizieren auch die Archive miteinander.
1924 gründete Paul Dahlke (1865 – 1928) eine buddhistische Laiengemeinschaft in Berlin-Frohnau. Hellmuth Hecker, der ihm in seinem Werk Lebensbilder deutscher Buddhisten einen Eintrag widmete, berichtete, dass Dahlke zuerst Theologie hatte studieren wollen, sich jedoch nicht traute öffentlich zu sprechen. Stattdessen wurde Dahlke Arzt. Gleichzeitig beherrschte er Hebräisch, was auf eine tiefe Verwurzelung im Protestantismus verweist. Dahlke heiratete nicht, leistete sich dafür ausgedehnte Reisen durch Asien. Um 1900, während seiner zweiten Reise (es wurden insgesamt acht) begann er, auf Ceylon den Theravada Buddhismus zu studieren und Pali zu lernen, die Tradition und Schrift, in der die Überlieferung Buddhas im Süden Indiens niedergelegt wurde. Erst der erste Weltkrieg unterbrach seine Reisetätigkeit. Bis dahin hatte Dahlke bereits sieben große Abhandlungen und zahlreiche Aufsätze über den Buddhismus publiziert (Hecker 1990: 13–14, 16–18).
Im Zuge der europäischen Expansionspolitik und der damit einhergehenden Kolonisierung Indiens gelangten auch neue Nachrichten über den Buddhismus, der nunmehr als Weltreligion eingestuft wurde, in die westliche Welt. 1879 publizierte der Brite Edwin Arnold Light of Asia, eine vielgelesene Darstellung über das Leben Buddhas (Arnold 1879/2016). In Deutschland erregte der Religionshistoriker Rudolf Seydel großes Aufsehen mit einer vergleichenden Studie über die Lebensgeschichten Jesu und Buddhas (Seydel 1884). Durch solche und andere Publikationen gewann der Buddhismus immer mehr an Popularität und Respekt. Als die Gründer der Theosophischen Bewegung, Helena Blavatsky und Colonel Olcott, aus der Zeitung erfuhren, wie britische Missionare den Buddhismus in öffentlichen Streitgesprächen angriffen, reisten sie nach Ceylon und wurden unter großer öffentlicher Anteilnahme Buddhisten (Lachman 2012: 170–190; Marchand 2009: 270–274).
Aber nicht nur Europäer reisten nach Indien, um die Religionen zu studieren, auch indische religiöse Denker kamen nach Europa, um ihre Weltsichten und Glaubensgrundsätze bekannt zu machen. So reiste zum Beispiel der Hindu-Reformer Vivekananda 1894 nach Chicago, um im World Parliament of Religions seine Ansichten zu verteidigen und im Westen eine Missionsgesellschaft zu gründen (Lüddeckens 2002). Missionare der islamischen Reformbewegung der Ahmadiyya gründeten 1912 eine Mission in Woking (GB) und bauten 1924 eine Moschee in Berlin (Jonker 2016: 36–63; Jonker 2019). Damit versuchten Hindus wie Muslime Sympathie und Verständnis für ihre bedrängte Lage unter der Kolonialherrschaft zu gewinnen und bauten ein dichtes Netz von Kontakten zum Westen auf. Buddhisten im britischen Kolonialreich, ob nun auf Ceylon, in Birma oder Kaschmir, unternahmen eine solche Kontaktaufnahme jedoch nicht. Das mag daran liegen, dass der Buddhismus eine Klostertradition herausbildete, in der Mönche in größter Armut und Weltabgeschiedenheit lebten. Im Fall des Buddhismus ging der erste Schritt vom Westen aus. Es waren Deutsche wie Paul Dahlke die von ihren Reisen Bücher, Einsichten und Sprachkenntnisse mitbrachten. Andere, zum Beispiel Anton Gueth (1878 – 1957) und Ernst Lothar Hoffmann (1898 – 1985), bekehrten sich auf Ceylon zum Buddhismus und gründeten vor Ort eigene Klostergemeinschaften, in denen wiederum die nächste Generation deutscher Buddhisten Aufnahme fand (Hecker 1990: 58–74 und 75–94).
Erst 1954, als der junge Nationalstaat Sri Lanka versuchte diplomatische Beziehungen mit Europa zu knüpfen, wurde mit Hilfe deutscher Buddhisten auf Sri Lanka eine Missionsgesellschaft für Deutschland gegründet: Die German Darma Dhuta Society Colombo. Daraufhin erfasste eine nationale Bewegung, die One-Million-Rupee-Movement, das ganze Land. Mit dem Erlös kaufte die Darma Dhuta Society das Buddhistische Haus in Berlin-Frohnau und etablierte dort die erste buddhistische Mission, die nicht von deutschen, sondern von sri-lankischen Mönchen geleitet wurde (Bikkhu Bodhi 2000). So kehrten die Deutschen, die um 1900 ausgereist waren um in die Geheimnisse des Orients einzudringen, als Buddhisten mit Missionsauftrag nach Deutschland zurück. Anton Gueth, der kurz nach Gründung der Missionsgesellschaft in Sri Lanka starb, wurde in Colombo mit einem Staatsbegräbnis geehrt.
Publikationen im Archiv
Wie beim Moscheearchiv in Berlin-Wilmersdorf handelt es sich auch im Buddhistischen Haus um Archivgut einer privaten Organisation. Was sich im Büro des Verwalters, auf dem Dachboden, im Veranstaltungsraum und im Bibliothekssaal angehäuft hat, umfasst 100 Jahre gelebtes Archiv: Dokumente zu Bautätigkeiten, Predigten und Manuskripte, Belege über die Verwaltung von Festen und Veranstaltungen sowie Mitgliederkarteien. Hinzu kommen andere Spuren gelebten Buddhismus, sowie eine beeindruckende Sammlung buddhistischer Zeitschriften. Wie die Moschee, so nahm inzwischen auch das Buddhistische Haus Kontakt zum Landesarchiv Berlin auf. Damit wurde der erste Schritt zur dauerhaften Aufbewahrung und öffentlichen Nutzbarkeit des Archivs getan.
Damit hören die Übereinstimmungen zwischen beiden Häusern aber auch auf. Der größte Unterschied zwischen beiden Missionen ist in deren jeweiligen Blickrichtungen zu suchen. Die muslimischen Missionare aus Lahore brachten Interesse an der Lebenswelt ihrer deutschen Gemeindemitglieder mit. Um sich ein Bild des „Anderen“ im religiösen Erleben dieser Deutschen zu machen schafften sie sich Literatur über Theosophie und Lebensreform an. Hingegen sammelten die Deutschen im Buddhistischen Haus alles was sie als ‚das Geheimnis Indiens’ betrachteten: neben den kanonischen Texten des Theravada-Buddhismus waren das auch Reiseberichte über Indien und Tibet sowie Abhandlungen über Mystik, Yoga, Sri Aurobindu und Krishnamurti. In der Tat bildete sich der deutsche Buddhismus im Umfeld der Theosophischen Bewegung heraus. Viele seiner Anhänger, die im buddhistischen Haus Buddhist geworden waren, kamen aus der Lebensreformbewegung oder waren Theosophen, bevor sie zum Buddhismus übertraten (Bigalke 2013, Mürmel 2001).
Die Auffassungen darüber, was Buddhismus sei, divergierten zwischen beiden Gruppen. Die Gründerin der Theosophie Elena Blavatsky erblickte in der Buddha-Lehre eine Manifestation des verborgenen Weltgeistes. Ihr ging es um das dahinterliegende esoterische Wissen, das Buddha in Teilen enthüllt haben sollte (Blavatsky 1890: 61–83). Paul Dahlke, der Gründer einer puritanischen, manchmal gar protestantisch anmutenden Form des Buddhismus, hingegen erblickte im Buddhismus einen Weg um sich vom „Ich“ zu befreien und im „Nicht-Selbst“ aufgehen zu lassen (Dahlke 1926: 89–93). Um sein Profil zu schärfen musste er sich also abgrenzen.
Die hauseigenen Publikationen „Neu-Buddhistische Zeitschrift“ (1918–1923) und „Brocken-Sammlung“ (1924–1938), die beide ausschließlich mit Dahlkes Beiträgen gefüllt wurden, boten ihm eine Plattform, um seine Auffassungen gegen diejenigen anderer (deutscher und englischer) Buddhisten zu verteidigen. Die vielen verschiedenen Zeitschriften aus dieser Zeit weisen nicht nur auf eine rege Publikationstätigkeit hin, sondern auch darauf, dass im westlichen Buddhismus Sektierertum um sich griff. Die Autorin dieses Essays zählte im Archiv neben den beiden Zeitschriften von Dahlke 38 verschiedene Zeitschriften. Darüber hinaus existierte noch eine weitere Hausschrift, die nicht direkt im Haus, sondern auf dem Gelände des Buddhistischen Hauses herausgegeben wurde. „Buddhistisches Denken und Leben (BDL)“ (1930 – 1943) war das Sprachrohr der Buddhisten um Kurt Fischer, die nach dem Tod Dahlkes aus der Villa ausgezogen waren und sich ein eigenes Haus auf dem Gelände errichtet hatten. Es war ein Schisma in nächster Nähe. Um was es dabei ging, ist der Zeitschrift implizit zu entnehmen. In der BDL wurde der sogenannten buddhistischen Theosophie in Gestalt von C.G. Jung ein fester Platz eingeräumt. Bekanntlich trat der Schweizer Psychoanalytiker Jung auch für Parapsychologie, Esoterik, Sophismus und christliche Mystik ein. Indem die BDL seine Artikel druckte, bekannte die Zeitschrift sich explizit zu diesen Themenfeldern. Eine solche Erweiterung buddhistischer Interessen war unter Dahlke nicht denkbar gewesen, und unter der Leitung Bertha Dahlkes, die ihrem Bruder 1928 folgte, wurde sie schlicht verboten.
Das Haus als Archiv
Im Buddhistischen Haus werden diese Abgrenzungsbestrebungen vielleicht am direktesten im Bauplan sichtbar. Im Haus gab es nämlich keine Küche. „Jeder war Selbstversorger. Auf einem kleinen Brenner wurde als einzige Nahrung gekochter Reis, Hirse oder Haferflocken (…) bereitet“ (Girod 1974:83). Dahlke sah im „Nahrungsvorgang“ nichts anderes als einen kleinzuhaltenden „Ich-Vorgang“. Für ihn galt: „alle Nahrung ist Elend“ (Dahlke 1918:24). Zwar sollte ein Buddhist Nahrung zu sich nehmen, aber „Erleben muß ein jeder für sich selber, so wie ein jeder für sich selber essen muß“ (Dahlke 1926: 6).
Wo es um Essen, Gemeinschaft und Geselligkeit ging, trennte eine tiefe Kluft den Frohnauer Buddhisten nicht nur von Lebensreformern und Theosophen, sondern auch von anderen Buddhisten. Die hauseigenen Publikationen bieten in der Hinsicht eine reiche Lektüre. Erst 1957, als die German Darma Dhuta Society das Haus bezog, wurde eine Küche angebaut um die residierenden Mönche zu versorgen. Diese Tatsache verrät mehr über die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem indischen Buddhismus als alle Predigten und Publikationen zusammen.
Der Zettelkasten
Das Vorkriegsarchiv im Buddhistischen Haus könnte man auch als „Dahlke-Archiv“ bezeichnen. Es umfasst seine Schriften und Notizen, Übersetzungen seiner Texte, seine Aufzeichnungen für ein Pali-Wörterbuch, sowie verschiedene Arbeiten seiner Schüler und Gegner, darunter Lavinia von Monts, Kurt Fischer, Martin Steinke und Guido Auster (Hecker 1997). Am unmittelbarsten jedoch ist Dahlke in den mit Band zugeschnürten Bündeln von Karteikarten zugegen, die einst den Inhalt (oder einen Teil) seines Zettelkastens bildeten.
Ihre kursorische Durchsicht ergab, dass die frühesten Notizen das Datum 1874 tragen und auf der Rückseite eines Konsistorium-Rundschreibens geschrieben wurden. Wer die Sütterlinschrift entziffern kann, findet hier Fragen, Gedanken, abgeschriebene Zitate oder auch Hebräisch-Übungen in unbeholfener Kinderhand. Sollte sich erweisen, dass Paul Dahlke ein Leben lang die Gewohnheit hatte, sich über alles und jeden Notizen zu machen, so wäre damit eine reiche Quelle vorhanden, die über die Übergänge zwischen deutschem Protestantismus und deutschem Buddhismus im Prisma seines Lebens Aufschluss geben könnte.
Das Archiv der Dinge
Der Einzug buddhistischer Mönche aus Sri Lanka in das Buddhistische Haus Berlin-Frohnau im Jahr 1957 läutete einen Bruch mit der Vergangenheit ein. Ihr Stil war ein anderer, ihre Verwaltung des Hauses hinterließ im Archiv ganz andere Spuren. Der Mönch Sri Gnanawimila etwa, der dem Haus von 1965 bis 1985 vorstand, hinterließ keine Zeitschrift sondern ca. einen Meter getippter und handgeschriebener Predigten, umfangreiche Korrespondenzen mit der Society in Colombo sowie 24 Ordner mit Verwaltungsunterlagen. Seine Amtszeit war geprägt von einem neuen Interesse an östlichen Religionen und Philosophien, auf das er mit Lehrreden, dem Bau von Meditationsklausen sowie Yoga- und Meditationskursen reagierte. Mit Sektierertum hielt er sich nicht auf; alle, die sich aus welchem Grund auch immer interessierten, waren ihm willkommen. Augenzeugen berichten, dass sich in der Kernzeit manchmal bis zu 1.500 Besucher auf dem Gelände befanden. Eine andere Hinterlassenschaft dieser Zeit ist die Tradition der Beisetzung zerbrochener Buddha-Statuen, die, von Schülern vorbeigebracht, einmal im Jahr zeremoniell im Buddha-
Gemeinschaftsgrab vergraben werden. Auch das ist ein Archiv: ein Archiv der Dinge, das sich nach und nach unter die Erde verlagert hat.
Auflistung des Archivguts (außer Bibliothek)
Vor dem Krieg
- Paul Dahlke: alle Publikationen (25 Bücher)
- Zwei Bündel Karteikarten aus dem Handzettelkasten von Paul Dahlke
- 10–15 gebundene Hefte mit Übersetzungen von Dahlkes Texten ins Englische
- Entwürfe für Pali-Wörterbücher (Guido Auster, Lavinia von Monts)
- Dissertationen über Dahlke (in Typoskript)
- Korrespondenzen zwischen Kurt Fischer und Verlagen in Leipzig (1920 – 1934)
- Martin Steinke: Persönliches, Schriften
- Photographien von Orientreisen aus dem Besitz von Paul Dahlke (1900)
- Fotos und Zeitungsausschnitte über das Buddhistische Haus (1934)
- Zeitungsberichte über den Buddhismus in Japan, Hongkong, Taiwan
Nach dem Krieg
- Sri Gnanawimala: Vorträge und Predigten (1965–1980)
- Sri Gnanawimala: Korrespondenzen mit der Society in Colombo (1965–1975)
- Guido Auster: Bibliothekskorrespondenz (1960–1984)
- Ein Holzkasten mit der Mitgliedskartei (1960–1970er)
- Unterlagen der German Dharmaduta Society (1985–1990)
- Mitgliedsanträge der GDS Colombo 1954, Adressbücher
- 24 Ordner mit Dokumenten zur Hausverwaltung, Bankauszügen, Rechnungen (1960–1998)
- 10 Fotoalben
- In Tuch eingeschlagene Pali-Texte auf Palmblatt
- Mehrere Kistchen mit zerbrochenen Buddha-Statuen
Bau-Unterlagen
- 36 Mappen und Leitzordner mit Bauplänen
- 3 Mappen mit Bauzeichnungen
- 1 Rolle mit Bauzeichnungen für die Bibliothek
- Unterlagen für den Bau einer Friedenspagode
Literaturverzeichnis
Arnold, Edwin, Light of Asia, or The Great Renunciation: being the life and teaching of Gautama, prince of India and founder of Buddhism (1879). London: Routledge, 2016.
Bhodi, Bhikkhu, Promoting Buddhism in Europe, 2000, https://www.budsas.org/ebud/ebdha194.htm. (Last accessed on: 11.11.2019)
Bigalke, Bernadett, Lebensreform und Esoterik um 1900. Würzburg: Ergon, 2013.
Blavatsky, Helena P., The Key to Theosophy. New York: Serapis Classics, 1890.
Dahlke, Paul, „Indische Skizze“. Neu-Buddhistische Zeitschrift (1918): S. 24–25.
——–, „Unser Haus“ und „Buchbesprechung von Georg Grimm, Die Wissenschaft des Buddhismus“. Die Brockensammlung : Zeitschrift für angewandten Buddhismus (1926): S. 4–6 und 89–93.
Girod, Dorothea, „Spaziergänge mit Doktor Dahlke“. In: 50 Jahre Buddhistisches Haus. Berlin-Frohnau, 1974, S. 80–84.
Hecker, Hellmuth, Lebensbilder deutscher Buddhisten. Ein Bio-Bibliographisches Handbuch. Band I: Die Gründer. Konstanz: Universität Konstanz, 1990.
——–, Lebensbilder Deutscher Buddhisten. Ein Bio-Bibliographisches Handbuch. Band II: Die Nachfolger. Konstanz: Universität Konstanz, 1997.
Jonker, Gerdien, The Ahmadiyya Quest for Religious Progress. Missionizing Europe 1900 – 1965. Leiden: EJ Brill, 2016.
——–, „Das Moscheearchiv in Berlin-Wilmersdorf: Zwischen muslimischer Moderne und deutscher Lebensreform“. MIDA Archival Reflexicon (2019). https://www.projekt-mida.de/reflexicon/das-moscheearchiv-in-berlin-wilmersdorf_zwischen-muslimischer-moderne-und-deutscher-lebensreform/. (Last accessed on: 11.11.2019)
Lachmann, Gary, Madame Blavatsky. The Mother of Modern Spiritualism. New York: Penguin, 2012.
Lüddeckens, Dorothea, Das Weltparlament der Religionen. Strukturen interreligiöser Begegnung im 19. Jahrhundert. Berlin: De Gruyter, 2002.
Marchand, Suzanne L., German Orientalism in the Age of Empire. Religion, Race, and Scholarship. Cambridge: Cambridge University Press, 2009.
Mürmel, Heinz, „Buddhismus und Theosophie in Leipzig vor dem ersten Weltkrieg“. In: Manfred Hütter (Hg.) Buddhisten und Hindus im deutschsprachigen Raum. Berlin: Peter Lang, 2001, S. 123–136.
Seydel, Rudolf, Die Buddha-Legende und das Leben Jesu nach den Evangelien. Leipzig: Otto Schulze, 1884.
Korrespondierende Archive
Die Universität Göttingen, Indologisches Seminar, verwahrt (Teil-)Nachlässe einiger deutschen Buddhisten.
Gerdien Jonker, Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa (EZIRE), Friedrich-Alexander Universität Erlangen, 2019
Postscript
Nachdem Ende 2019 der obige Beitrag erschienen war, nahm der Sekretär und Archivar der German Dharmaduta Society (GDS) in Colombo, Senaka Weeraratna, ein Neffe von Asoka Weeraratna, des Missionars also, der 1953 nach Deutschland entsandt wurde (s. unten), Kontakt zu mir auf. Er hatte den Text gelesen und kritisierte die aus seiner Sicht fehlende Perspektive der Buddhisten in Sri Lanka. Diese würde, laut Senaka Weeraratna, bis heute im Archiv der German Dharmaduta Society in Colombo bewahrt. Obwohl er alsbald eine Einladung nach Colombo aussprach, um das dortige Archiv zu besichtigen, konnte die Reise wegen Pandemie-bedingter Einschränkungen nicht angetreten werden. Stattdessen traten wir in einen ausgedehnten Mailaustausch, in dem er mich vor allem darüber informierte, wie sich die Geschichte des Buddhistischen Hauses in Berlin aus seiner Sicht als Vertreter der singhalesischen Buddhisten darstellt. Unsere Mailkorrespondenz erwies sich für mich als eine unverhoffte Möglichkeit, Ansichten der GDS in Colombo über die Geschichte des Buddhistischen Hauses in Berlin in Erfahrung zu bringen. Das folgende Postscript fasst unsere Korrespondenz zusammen, ergänzt so den Ausgangstext um die Informationen und lädt zu weiterführender kritischer Beschäftigung mit der Geschichte des Buddhistischen Hauses in Berlin und korrespondierenden Archivbeständen ein.
Die German Dharmaduta Society ist eine Missionsorganisation. Knapp zehn Jahre nach Ende des zweiten Weltkrieges entsandte sie eine Missionsdelegation nach Deutschland und erwarb das Buddhistische Haus in Berlin. Der ersten Delegation der GDS gehörten sieben Mönche an. Ihre Entsendung wurde in Sri Lanka wie ein nationales Ereignis behandelt. So war der Ministerpräsident persönlich bei der Verabschiedung zugegen, und die Colombo Times berichtete regelmäßig über den Verlauf der Reise. In der Dharmaduta Society wurde ein Archiv eingerichtet, in dem nicht nur alle Dokumente im Zusammenhang mit dieser Mission aufbewahrt, sondern auch Materialien über die Spuren, die deutsche Buddhisten in der ersten Hälfte des 20. Jh. in Sri Lanka (damals: Ceylon) hinterlassen hatten, gesammelt wurden. Auch die Geschichte der buddhistischen Mission in Berlin, von ihrer Entstehung bis in die heutige Zeit, soll in diesem Archiv dokumentiert sein. Als Sekretär der Gesellschaft in Colombo und Verantwortlicher für die archivalischen Bestände der GDS war mein Mailpartner also bestens vertraut mit der Geschichte des Buddhistischen Hauses in Berlin.
Es stellte sich schnell heraus, dass im Buddhistischen Haus in Berlin und der German Dharmaduta Society in Colombo, obwohl zur selben Missionsgesellschaft gehörend, unterschiedliche Dokumente gesammelt wurden. Wie bereits beschrieben umfasst das Berliner Archiv in erster Linie den Nachlass Paul Dahlkes, des Gründers der buddhistischen Laiengemeinschaft in Berlin. Als die Nachkriegs-Mission einmal eingerichtet war, kamen Mitgliederlisten, Predigten, Dokumente zu Bauaktivitäten und Berliner Zeitungsberichte hinzu. Das GDS-Archiv in Colombo sammelte hingegen alles, was über die Geschichte der deutschen Buddhisten in Ceylon bekannt war. Vor dem zweiten Weltkrieg hatten lokale Buddhisten im britisch verwalteten Ceylon Hilfe bei jenen deutschen Buddhisten gesucht, die eine Niederlassung auf der Insel errichtet hatten. In diesem Zusammenhang wurde auch sorgfältig beobachtet, wie sich 1933 die politischen Verhältnisse in Deutschland änderten und welche Positionen deutsche Buddhisten den Nazis gegenüber einnahmen. Nach dem Krieg betrachtete der junge Nationalstaat Sri Lanka diese Kooperation als einen Beitrag zur Nationalstaatswerdung. Die Verschränkung mit den deutschen Buddhisten wurde ein Argument zur Begründung des Nationalstolzes. Die Regierung von Sri Lanka bot der Bundesrepublik Deutschland bereits 1951 Hilfe und Unterstützung an. Es folgten 1953 die Entsendung einer Mission mit offizieller staatlicher Unterstützung und 1957 der Erwerb des Buddhistischen Hauses in Berlin als Missionsposten. Als 1957 Anton Gueth, der älteste in Ceylon tätige deutsche Mönch, vor Ort starb, wurde er mit einem Staatsbegräbnis geehrt.
Senaka Weeraratna machte mich auf eine Reihe von Dokumenten aufmerksam, die im Archiv in Colombo aufbewahrt werden und von seiner Organisation digitalisiert und online gestellt wurden. Nach Meinung meines Korrespondenzpartners könne eine gründliche Auswertung dieser Dokumente zukünftig dazu beitragen, die Geschichte des Buddhistischen Hauses in Berlin besser zu kontextualisieren, indem die singhalesischen Aktivitäten und Positionen stärker einbezogen würden. Nach eingehender Sichtung konnten die mir zugesandten Dokumente folgenden Themenbereichen zugeordnet werden:
- Ceylon als das „Mekka“ deutscher Buddhisten
- Verbindungen des Buddhistischen Hauses in Berlin zu den Nationalsozialisten
- Die singhalesische Mission „Für Deutschland“
- Deutschland im Spiegel der singhalesischen Presse
- Zur Erinnerungspolitik Sri Lankas
Im Folgenden werden diese Themenbereiche kurz umrissen und prägende Beispiele des mir zugesandten Materials angefügt. Die Schlussfolgerungen im Anschluss daran geben eine erste Einschätzung zu den unterschiedlichen sammlungspolitischen Ansätzen des Archivs im Buddhistischen Haus in Berlin und des GDS-Archivs in Colombo.
1. Ceylon als das „Mekka“ deutscher Buddhisten
Die Beziehungen zwischen deutschen und singhalesischen Buddhisten begannen 1904, als Anton W.F. Gueth / Nyanatiloka Maha Thera (1878 – 1957) die Island Hermitage in Dodanduwa gründete. Die Island Hermitage empfing einen ständigen Strom deutscher Besucher, darunter auch Paul Dahlke, den deutschen Arzt, der durch Selbststudium zum Buddhismus fand und das erste buddhistische Kloster in Deutschland errichtete. Gueth initiierte einige dieser deutschen Buddhisten zum Mönch. Auf Gueth folgten Siegmund Feniger / Nyanaponika Thera (1901 – 1994) und Friedrich Möller / Nyanavimala Thera (1911 – 2005). Bis heute beginnen singhalesische Darstellungen zur Geschichte des deutschen Buddhismus mit Arthur Schopenhauer, gefolgt von Friedrich Nietzsche, um sich dann der Island Hermitage zu widmen (Schopenhauer – Nietzsche – Gueth; manchmal auch: Schopenhauer – Nietzsche – Dahlke). Ausgehend von dieser Genealogie wird der Übergang zum heutigen Buddhismus in Sri Lanka beschrieben. Die folgenden Links, auf die mich Senaka Weeraratna aufmerksam machte, enthalten Dokumente aus GDS-Quellen, welche diese Geschichte beleuchten:
- German Dharmaduta Society. „ Nyanatiloka Maha Thera, 50th death anniversary,“ Daily News May 28, 2007.
- Bhikkhu Bodhi & Ven. Bhikkhu Nanatusita. „The Life of Nanavimala Thera.“
- Nanavimala Mahathera – PURE INSPIRATION: Recollections of his Life, Practice and Teachings – Table of Contents
- Photographs of Ven. Nanavimala
2. Verbindungen des Buddhistischen Hauses in Berlin zu den Nationalsozialisten
1933 wurde auch auf Ceylon darüber diskutiert, ob Deutschland und insbesondere das buddhistische Haus in Berlin das buddhistische Zentrum Europas werden könne. Anlass war der erste Buddhistische Kongress, den das Buddhistische Haus in Berlin am 23. und 24. September 1933 in seinen Räumen unter Verantwortung von Wolfgang Schumacher (1908–1961) organisierte. In seiner vom Buddhistischen Haus herausgegebenen Schrift Arische Religion (1933) empfahl dieser den Nationalsozialisten den Buddhismus als Staatsreligion.[i] Erst aus der Synthese von Buddhismus und Nationalsozialismus, so Schumacher, ergebe sich das „staatstragende Potential des Buddhismus“. Buddhismus sei eine Religion für „echte Männer“ und „ein kriegerisches Volk“. Diese Debatte wurde auf Ceylon aufgegriffen und in The Buddhist, der in Colombo herausgegeben wurde, kommentierte der Mönch Anagarika Lhasshekankrakrya Schumacher’s Vorschlag als „a wonderful genial stroke“.[ii] Buddhisten in Berlin und Colombo waren sich also einig, dass der Nationalsozialismus dem Buddhismus Auftrieb geben könne. Doch während die Buddhisten in Berlin versuchten, die Verbindung zum Nationalsozialismus unsichtbar zu machen und wir dementsprechend kaum Dokumente dazu im Archiv des Buddhistischen Hauses finden, wurde in Colombo nie ein Geheimnis daraus gemacht. Wir brauchen also das Studium der Unterlagen im GDS-Archiv, um die Geschichte des Buddhistischen Hauses in Berlin zu vervollständigen. So schickte mir Senaka Weeraratna die folgenden Dokumente, die sich nach seiner Auskunft im Archiv der GDS-befinden:
- „Prospects for Germany as the Buddhist Center of Europe,“ The Buddhist 1933/12.
- „Buddhist Work in Nazi-Germany,“ The Buddhist 1933/12.
- „Review of Pamphlet by Dr. Wolfgang Schumacher,“ Young Men’s Buddhist Association, 1940/6.
3. Die singhalesische Mission „für Deutschland“
Der überwiegende Teil der Dokumente, die ich während meines Email-Austausches mit Senaka Weeraratna empfing, betrifft die Ereignisse rund um die Entsendung von singhalesischen Mönchen nach Deutschland. Sie bildeten die Basis einer tragenden Nationalerzählung und wurden entsprechend feinmaschig dargelegt. Die Erzählung umfasst folgende Stationen: 1952 wurde die German Dharmaduta Society in Colombo gegründet. 1953 machte Asoka Weeraratna (1918 – 1999) eine Erkundungsreise durch Deutschland und erstattete in Colombo Bericht. Es folgte die nationale Anstrengung „L.D.S One-Million-Rupee-Fund for Buddhist Mission to Germany“ (1954).[iii] 1957 wurde das Buddhistische Haus in Berlin-Frohnau erworben. In den 1960er und 1970er Jahren entstand dort unter der Leitung des Mönchs Sri Gnanawimila eine erfolgreiche buddhistische Gemeinschaft. 1967 wurde dieser nationalen Anstrengung in Colombo mit einer Briefmarke gedacht, auf der deutsche Buddhisten abgebildet waren. Senaka Weeraratna verwies u.a. auf die folgenden Dokumente, die auf diese Aspekte Bezug nehmen:
- Minutes and photos from the Public Meeting at Ananda College, Colombo on May 30, 1953
- „Asoka Weeraratna _ Germany’s ‘Mahinda Thera’,“ Daily News November 16, 2012
- PDF mit dem Titel „GDS-Souvenir Asoka (2011)“ übermittelt durch Senaka Weeraratna
- Arahant Upatissa. The Path of Freedom (Vimuttimagga) translated from the Chinese by Rev. N. R. M. Ehara, Soma Thera, and Kheminda Thera. Colombo: Dr. D. Roland D. Weerasuria, 1961
4. Deutschland im Spiegel der singhalesischen Presse
Bis heute erinnert die singhalesische Presse immer wieder an die Geschichte der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Ceylon und Deutschland allgemein und den deutschen Buddhisten insbesondere. Davon zeugen Zeitungsartikel mit Titeln wie: “When the World boycotted the Germans, Sri Lanka opened its doors to the Germans”; “Ceylon could give the world a gift – Peace through Buddhism”; “Germany! Sri Lanka still thinks [of] you [as] our friend” (sic!); “Buddhism – Sri Lanka’s greatest gift to Germany” oder “Germany Sri Lanka Relations – In Retrospect”. Mein Korrespondenzpartner wies mich auf einige Blogbeiträge bzw. Zeitungsartikel jüngeren Datums hin, darunter auch ein von ihm verfasster Text zu buddhistisch geprägten kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Sri Lanka:
- Shenali Waduge. „Germany – Sri Lanka still thinks you our friend!,“ shenaliwaduge.com February 20, 2021.
- Satharathilaka Banda Atugoda. „Buddhism – Sri Lanka’s greatest gift to Germany,“ com February 12, 2016.
- Senaka Weeraratna. „Buddhist Cultural Links between Sri Lanka and Germany,“ Daily News October 29, 2002.
- Daily News‘ Reporter. „Ceylon could give the world a gift: Peace through Buddhism,“ Daily News December 7, 2002.
5. England in der Erinnerungspolitik der singhalesischen Buddhisten
Im deutlichen Gegensatz zu den Archivdokumenten, die sich mit der Beziehung Sri-Lanka – Deutschland beschäftigen, stehen Dokumente, die das Verhältnis der Singhalesen zu England beleuchten. Auch auf diese Thematik wies mich Senaka Weeraratna ausdrücklich hin. In den mir zugesandten Materialien werden Forderungen laut, wonach sich England endlich zu seiner kriminellen Vergangenheit bekennen solle. In Dokumenten wird an die Verbrechen der Briten auf Ceylon („British atrocities“, „Crimes against humanity“) erinnert und Forderungen nach Reparationszahlungen für das begangene Unrecht erhoben. Es erwies sich, dass mein Email-Partner in diesem Sektor federführend als Anwalt für die Singhalesen tätig ist. Aus den Dokumenten, die er mir sandte, spricht eine äußerst brutale Kolonialgeschichte, in der die Bevölkerung Ceylons zu Sklaven degradiert, ihnen die Menschlichkeit abgesprochen, ihre Kultur vernichtet und ihre Kulturgüter geraubt wurden. Die Dokumente machen ebenfalls klar, dass England sich zu dieser Vergangenheit bis heute nicht bekennt.
Hier einige Links, auf die mich Senaka Weeraratna in diesem Zusammenhang aufmerksam machte, darunter auch hier wieder ein von ihm selbst verfasster Text:
- B. Müller. „How the British Exploited Sri Lanka,“ The Lion and Sword May 26, 2012.
- „The Butcher of Matale: Tracking down an elusive grave site opens a blood-spattered page of colonial history,“ Sunday Times May 11, 2008.
- Senaka Weeraratna. „British Parliament must also discuss payment of reparations for colonial crimes committed in Ceylon,“ lk March 27, 2021.
Vorläufiges Fazit
Es ist ein Wagnis, ein Archiv darzustellen, das man nicht selbst gesehen hat. Was es gab, waren die Dokumente, die mir zugeschickt wurden, sowie die Versicherung meines Email-Partners, diese gehörten zum GDS-Archiv im Colombo. Viele dieser Dokumente waren bereits auf Sri Lankesischen und buddhistischen Websites erschienen. Im Laufe des Email-Austausches wurde allerdings klar, dass die Vorstellung davon, was der Terminus ‚Archiv´ alles umfassen kann, auf Seiten meines Gesprächspartners sehr viel weiter reichte, als es Archivgesetze in den deutschen Ländern vorsehen. Die Grenzen zwischen einer – wie auch immer geordneten – Dokumentensammlung an einem festen Ort und deren Reproduktion durch Digitalisierung und Internetpublikation verschwammen. Dennoch lässt sich feststellen, dass das Archiv des Buddhistischen Hauses in Berlin und die mir zugeschickten Dokumente sich in einigen wichtigen Bereichen ergänzen.
I. So hält das Berliner Archiv die Details der Mission fest, die hier 1953, aus Richtung Sri Lanka kommend, an Paul Dahlkes Nachlass anknüpfte. Das Archiv in Colombo enthält hingegen die Details der Vorgeschichte dieser Mission, die bis 1904 und auf die erste Niederlassung deutscher Buddhisten in Ceylon zurückgeht.
II. Wo im Berliner Archiv jeder Verweis auf den Nationalsozialismus fehlt, verfügt das GDS-Archiv in Colombo über eine Reihe zeitgenössischer Beobachtungen und Kommentare, aus denen hervorgeht, wie positiv man sowohl im Buddhistischen Hauses in Berlin als auch in den einschlägigen Kreisen in Colombo den Nazis gegenüberstand.
III. Zeitgenössische Zeitungsartikel geben Auskunft über die aufgewühlte Stimmung im Colombo der 1950er Jahre, als der junge Nationalstaat Sri Lanka eine nationale Anstrengung unternahm, um die Bundesrepublik Deutschland, die er als Verbündeten betrachtete, mithilfe einer Mission zu unterstützen. Nach einem Echo dieses Freundschaftsangebot sucht man im Berliner Archiv vergeblich.
IV. Im GDS-Archiv in Colombo wurden die „deutschen“ Missionsbestände um Dokumente ergänzt, die von britischen Kolonialverbrechen berichten. Davon fehlt im Berliner Archiv jede Spur. Aus dieser letzten Sammlungsanstrengung ließe sich möglicherweise schlussfolgern, dass die Beziehungen zwischen deutschen und singhalesischen Buddhisten als positive Folie dienen, auf die das negative Verhältnis zu den Engländern abgebildet wird.
Ein abschließendes Urteil lässt sich allerdings schwerlich auf der Basis der Dokumente fällen, die mir geschickt wurden. Denn, wie gesagt, die Auswahl wurde von meinem Email-Partner getroffen. Erst eine vertiefende Forschung mit den Materialien in Colombo wird diese und andere Fragen beantworten können.
Berlin, im September 2021, Gerdien Jonker
Endnoten
[i] Wolfgang Schumacher, Arische Religion. Berlin: Neubuddhistischer Verlag, 1933.
Erweiterter Auflage in: Wiedergeburt und Wirken. Zeitschrift für Erneuerung von Kultur und Geistesleben. Hg. von Dr. Wolfgang Schumacher, Heft 3. 1933. Berlin: [Selbstverlag], 1934.
Cf. Volker Zotz, „Zum Verhältnis von Buddhismus und Nationalsozialismus“. Zeitschrift für Religion 25, no. 1 (2017): pp. 6 – 29.
[ii] „Buddhist Work in Nazi Germany. A Message by Anagarika Lhassehekankrakrya”. The Buddhist, December 1993, p. 3.
[iii] L.D.S. = Lanka Dharmaduta Society
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