Foto: Zen­tral­bild Gahl­beck 7.2.1966 „Tage der Freund­schaft DDR-Indi­en“ in Anna­berg „Indi­en ges­tern und heu­te“ – unter die­sem Mot­to zeigt die Deutsch-Süd­ost­asia­ti­sche Gesell­schaft in der DDR in der erz­ge­bir­gi­schen Kreis­stadt Anna­berg zur Zeit eine Aus­stel­lung über Geschich­te, Kul­tur, Wirt­schaft und All­tag die­ses Staa­tes. Prof. Schu­bert, Direk­tor des ost­asia­ti­schen Insti­tu­tes der Karl-Marx-Uni­ver­si­tät Leip­zig (rechts) mit Gopa­lan Nair aus Indi­en (links) und dem Mit­ar­bei­ter der Deutsch-Süd­ost­asia­ti­schen Gesell­schaft Han­no Röder in der Aus­stel­lung. Gopa­lan Nair ist Inge­nieur für Poly­gra­fie, er hat in Leip­zig stu­diert und erwirbt sich jetzt in einer ein­jäh­ri­gen Tätig­keit in den Poly­gra­fi­schen Werk­stät­ten in Leip­zig prak­ti­sche Erfah­run­gen auf sei­nem Fachgebiet.

Die­ser MIDA Archi­val Refle­xi­con Ein­trag wur­de im Jahr 2021 von Rek­ha Rajan ins Eng­li­sche über­setzt und ist nun zusätz­lich unter dem Titel „Rela­ti­ons bet­ween Paki­stan and the GDR until 1973“ vorhanden.

Inhalts­ver­zeich­nis
Frü­he Kon­tak­te | Der Weg zur Aner­ken­nung | Nach der Aner­ken­nung | Quel­len | End­no­ten

Wäh­rend die Bezie­hun­gen der bei­den deut­schen Staa­ten zu Indi­en bereits Gegen­stand eini­ger Ver­öf­fent­li­chun­gen gewe­sen sind, ist ihre Aus­ein­an­der­set­zung mit dem zweit­größ­ten Staat des Sub­kon­ti­nents von His­to­ri­kern bis­lang völ­lig igno­riert wor­den. Bis es die Deut­sche Demo­kra­ti­sche Repu­blik am 8. Okto­ber 1972 offi­zi­ell aner­kann­te, war Indi­en als wich­tigs­ter bünd­nis­frei­er Staat tat­säch­lich einer der Haupt­adres­sa­ten der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Hall­stein-Dok­trin und konn­te sich einer ent­spre­chen­den Auf­merk­sam­keit der bei­den inter­na­tio­nal kon­kur­rie­ren­den deut­schen Staa­ten stets gewiss sein.

Für das poli­tisch und wirt­schaft­lich inter­na­tio­nal weni­ger bedeut­sa­me Paki­stan galt dies in weit­aus gerin­ge­rem Maße, zumal der Erz­feind Indi­ens sich mit der Mit­glied­schaft in den inter­na­tio­na­len Ver­tei­di­gungs­bünd­nis­sen CENTO und SEATO bereits früh und ein­deu­tig zum US-geführ­ten Bünd­nis­sys­tem bekannt hat­te. Der DDR muss­te Paki­stan also gewis­ser­ma­ßen als „ver­lo­re­ner Pos­ten“ erschei­nen, auf dem es sich kaum lohn­te, um Aner­ken­nung zu kämp­fen. Im Umgang mit Indi­en und spä­ter dem von Paki­stan unab­hän­gi­gen Ban­gla­desch, ver­such­te die DDR mit die­sem Umstand Sym­pa­thien zu gewin­nen. Nur gut eine Woche bevor am 15. Novem­ber 1972 auch Paki­stan die DDR aner­kann­te, beton­te der dama­li­ge Außen­mi­nis­ter der DDR, Otto Win­zer, im Gespräch mit sei­nem Amts­kol­le­gen aus Ban­gla­desch, Abdus Samad Azad, man habe Kon­takt­ver­su­che Paki­stans in der DDR stets zurück­ge­wie­sen. Tat­säch­lich reich­ten die Kon­tak­te nach Paki­stan jedoch deut­lich wei­ter zurück, als der Chef­di­plo­mat der DDR zu die­sem Zeit­punkt ein­ge­ste­hen woll­te und die DDR hat­te hier­bei durch­aus eine akti­ve Rol­le gespielt.

Frühe Kontakte

Bereits Mit­te der 1950er Jah­re hat­te Paki­stan Inter­es­se an bila­te­ra­lem Han­del mit der DDR gezeigt. In der für die DDR so ent­schei­den­den Deutsch­land­fra­ge nahm Paki­stan jedoch zum größ­ten Bedau­ern des Ost-Ber­li­ner Minis­te­ri­ums für Aus­wär­ti­ge Ange­le­gen­hei­ten (MfAA) ent­spre­chend sei­ner west­li­chen Bünd­nis­al­li­anz ein­deu­tig den Stand­punkt der Bun­des­re­pu­blik ein. Als der chi­ne­sisch-indi­sche Grenz­krieg von 1962 zu einer Annä­he­rung Paki­stans an die V.R. Chi­na führ­te, sah man hier­in im MfAA aller­dings eine all­ge­mei­ne Kurs­kor­rek­tur der paki­sta­ni­schen Regie­rung in Rich­tung des sozia­lis­ti­schen Bünd­nis­sys­tems. Wenn­gleich man zuge­stand, dass es zwi­schen der DDR und Paki­stan durch­aus noch Dif­fe­ren­zen gab (wie die Sowjet­uni­on unter­stütz­te die DDR etwa den indi­schen Stand­punkt in der Kasch­mir­fra­ge), sahen die Ost-Ber­li­ner Diplo­ma­ten das Zeit­fens­ter für eine Inten­si­vie­rung der Bezie­hun­gen mit Paki­stan – wenn nicht gar für die Her­stel­lung diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen – weit aufgestoßen.

Das MfAA ver­fiel in Aktio­nis­mus: Im Som­mer 1963 besuch­te eine ers­te inof­fi­zi­el­le DDR-Han­dels­de­le­ga­ti­on Paki­stan auf der Durch­rei­se nach Indi­en und bot Paki­stan einen ähn­li­chen Han­dels­ver­trag an, wie er bereits mit Indi­en bestand. Im sel­ben Jahr besuch­te auch eine Dele­ga­ti­on des Minis­te­ri­ums für Außen­han­del und Inner­deut­schen Han­del (MAI) der DDR Paki­stan, um Mög­lich­kei­ten zur Auf­nah­me staat­li­cher Bezie­hun­gen zwi­schen den bei­den Staa­ten aus­zu­lo­ten. Das MfAA emp­fahl der Dele­ga­ti­on jedoch drin­gend dis­kre­tes Auf­tre­ten: „Die Dele­ga­ti­on muß bemüht sein, von sich aus die Pro­pa­gie­rung ihres Auf­ent­hal­tes und ihrer Ver­hand­lun­gen in der paki­sta­ni­schen Pres­se zu ver­mei­den, um einem even­tu­el­len Ein­grei­fen in den Ver­hand­lungs­pro­zeß von west­deut­scher Sei­te vor­zu­beu­gen. Von Pres­se­kon­fe­ren­zen und Inter­views ist Abstand zu neh­men.“ Auch der eige­nen Inter­es­sen­kon­flik­te mit Paki­stan war man sich wei­ter­hin sehr bewusst: „Die Dele­ga­ti­on muss eine Stel­lung­nah­me zur Kasch­mir­fra­ge umge­hen, selbst wenn sie von paki­sta­ni­scher Sei­te unmit­tel­bar dazu auf­ge­for­dert wer­den soll­te.“[1] All die­se Bemü­hun­gen der DDR, auf offi­zi­el­lem Wege mit Paki­stan in Kon­takt zu tre­ten, ver­lie­fen jedoch bald im Sande.

Zumin­dest auf zivil­ge­sell­schaft­li­cher Ebe­ne schien sich ab Mit­te der 1960er Jah­re etwas zu bewe­gen: Im Febru­ar 1968 fand in Kara­chi eine Buch­aus­stel­lung zur DDR statt und es wur­de ein von einem Paki­sta­ner gelei­te­tes Büro der Leip­zi­ger Mes­se eröff­net. Außer­dem kam es ab 1969 ohne akti­ves Zutun der DDR in Paki­stan zur Grün­dung eini­ger unab­hän­gi­ger Paki­stan-DDR-Freund­schafts­ge­sell­schaf­ten. Die­se konn­ten jedoch von der DDR nicht immer im gewünsch­ten Maße kon­trol­liert wer­den, was mit­un­ter zu erheb­li­chen Rei­bun­gen führ­te. So hat­ten im Früh­jahr 1970 auch paki­sta­ni­sche Stu­den­ten in Eigen­re­gie eine Paki­stan-DDR Freund­schafts­ge­sell­schaft ins Leben geru­fen, deren Ver­tre­ter sich bit­ter über man­geln­de Unter­stüt­zung und uner­wünsch­te Anwei­sun­gen aus Ost-Ber­lin beschwer­ten: „I want to make you very clear that we do not, don’t want and will never take any ins­truc­tion from you. We are edu­ca­ted enough to prepa­re our plans inde­pendent­ly.“[2] Früch­te tru­gen die Bemü­hun­gen der selbst­be­wuss­ten Freund­schafts­ge­sell­schaf­ten aller­dings nicht.

Im Mai 1970 erklär­te die DDR der paki­sta­ni­schen Regie­rung erneut ihre Bereit­schaft, offi­zi­el­le staat­li­che Bezie­hun­gen auf­zu­neh­men und schlug hier­zu den Abschluss eines bila­te­ra­len Han­dels- und Zah­lungs­ab­kom­mens sowie die Errich­tung staat­li­cher Han­dels­ver­tre­tun­gen vor. Der Zeit­punkt war gut gewählt: Die DDR-Ver­tre­tun­gen in Indi­en wur­den im Som­mer 1970 in Gene­ral­kon­su­la­te umge­wan­delt. Wenig spä­ter wur­de der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­sche Bot­schaf­ter in Delhi in der Pres­se mit der Ein­schät­zung zitiert, die Bun­des­re­gie­rung wür­de die­sen Schritt nicht nur nicht sank­tio­nie­ren, son­dern viel­mehr die Ent­wick­lungs­hil­fe an Indi­en sogar noch erhö­hen. Dar­auf­hin begann auch die paki­sta­ni­sche Regie­rung die west­deut­sche Hall­stein-Dok­trin zu tes­ten und deu­te­te ihr gegen­über zumin­dest an, die Bezie­hun­gen mit Ost-Ber­lin for­ma­li­sie­ren zu wollen.

Trotz der gene­rell wohl­wol­len­den Hal­tung der paki­sta­ni­schen Regie­rung gegen­über der Bun­des­re­pu­blik zeig­te sich nun, dass man im Aus­wär­ti­gen Amt (AA) durch­aus dazu bereit war, mit har­ten Ban­da­gen um die Sicher­stel­lung der eige­nen deutsch­land­po­li­ti­schen Inter­es­sen in Paki­stan zu kämp­fen: Als der dama­li­ge west­deut­sche Bot­schaf­ter in Islam­abad, Nor­bert Ber­ger, Ende Janu­ar 1971 aus der loka­len Pres­se erfuhr, ein offi­zi­el­ler Atlas der DDR stel­le die umstrit­te­ne Regi­on Kasch­mir als Teil Indi­ens dar, bat er in der Bon­ner AA-Zen­tra­le um ein Exem­plar der Kar­te, um sie dem paki­sta­ni­schen Außen­mi­nis­te­ri­um vor­zu­le­gen. Zur unmiss­ver­ständ­li­chen Erklä­rung füg­te er hin­zu: „Die Kar­te könn­te viel­leicht Ein­fluss auf die Plä­ne des Außen­mi­nis­te­ri­ums, eine DDR-Han­dels­ver­tre­tung zuzu­las­sen, haben.“[3]
Das Ver­hal­ten der DDR im Ende März 1971 aus­bre­chen­den Kon­flikt um Ost-Paki­stan, dem spä­te­ren Ban­gla­desch, in dem die DDR schnell und ein­deu­tig Stel­lung zuguns­ten der indisch unter­stütz­ten Sepa­ra­tis­ten bezog, war wenig geeig­net, paki­sta­ni­sche Sym­pa­thien zu wecken. Nach Ende der indisch-paki­sta­ni­schen Kriegs­hand­lun­gen im Dezem­ber 1971 und der Aner­ken­nung Ban­gla­deschs durch die DDR im Janu­ar 1972, lagen die Plä­ne zur Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen zwi­schen der DDR und Paki­stan erst ein­mal auf Eis.

Der Weg zur Anerkennung

Dies änder­te sich erst mit der diplo­ma­ti­schen Aner­ken­nung der DDR durch Indi­en am 8. Okto­ber 1972. Gut eine Woche spä­ter such­te der paki­sta­ni­sche Bot­schaf­ter in Bonn das AA auf, um sich nach den deutsch­land­po­li­ti­schen Aus­wir­kun­gen die­ses indi­schen Schrit­tes zu erkun­di­gen. Die Aus­kunft, die er erhielt, schien ihn zu beru­hi­gen: Am 21. Okto­ber 1972 unter­rich­te­te ein Ver­tre­ter des paki­sta­ni­schen Außen­mi­nis­te­ri­ums den west­deut­schen Bot­schaf­ter Ber­ger, auch Paki­stan wer­de nun „in naher Zukunft diplo­ma­ti­sche Bezie­hun­gen zur DDR auf­neh­men“. Paki­stan kön­ne nicht mehr län­ger war­ten, „um den Anschluß nicht zu ver­lie­ren.“[4]

Die Bun­des­re­gie­rung reagier­te prompt und ent­rüs­tet. Noch am sel­ben Tag wies sie den Ver­tre­ter der Bun­des­re­pu­blik in Islam­abad an, der paki­sta­ni­schen Regie­rung mit­zu­tei­len, dass die­se Ankün­di­gung, zumal nur einen Tag nach Unter­zeich­nung zwei­er wich­ti­ger Kapi­tal- und Umschul­dungs­ab­kom­men in Bonn „erheb­li­che Irri­ta­ti­on her­vor­ge­ru­fen“ habe. Vor der von Paki­stan wie­der­um uner­wünsch­ten Aner­ken­nung Ban­gla­deschs Anfang Febru­ar 1972 habe die Bun­des­re­gie­rung die paki­sta­ni­sche Regie­rung zumin­dest kon­sul­tiert und ihre Ent­schei­dung begrün­det. Man erwar­te von paki­sta­ni­scher Sei­te also wenigs­tens ein ent­spre­chen­des Ver­hal­ten. Andern­falls kön­ne die Bun­des­re­gie­rung „nicht aus­schlie­ßen, daß auf die künf­ti­ge Aus­ge­stal­tung der deutsch-paki­sta­ni­schen Bezie­hun­gen, die bis­her eng und freund­schaft­lich waren, ein Schat­ten fällt.“[5] Am Fol­ge­tag wur­de die­se Dro­hung mit der Wei­sung unter­mau­ert, die Bot­schaft sol­le dies der paki­sta­ni­schen Regie­rung noch vor Unter­zeich­nung der zu den Abkom­men gehö­ren­den Pro­to­kol­le mit­tei­len. Man unter­zeich­ne in der Erwar­tung, dass die paki­sta­ni­sche Regie­rung „von dem ange­kün­dig­ten Schritt gegen­über der DDR Abstand nimmt, bis die Grund­ver­trags­ver­hand­lun­gen in der Sache abge­schlos­sen sind.“[6]

Die Bon­ner Bemü­hun­gen zeig­ten Wir­kung: Bot­schaf­ter Ber­ger wur­de beschwich­ti­gend mit­ge­teilt, der „Aus­druck ‚in naher Zukunft’ bedeu­te nicht, dass die Aner­ken­nung ‚über­mor­gen’ erfol­gen wür­de.“[7] Als nächs­tes Datum für eine Aner­ken­nung der DDR wur­de nun der 15. Novem­ber 1972 genannt. Paki­stan hat­te die Para­phie­rung des Grund­ver­tra­ges also tat­säch­lich abgewartet.

Nach der Anerkennung

Am 24. Janu­ar 1973 nahm die Bot­schaft der DDR in Paki­stan mit Ein­tref­fen des Geschäfts­trä­gers ihre Tätig­keit auf. Ers­ter Ver­tre­ter der DDR in Paki­stan wur­de Wal­ter Schmidt [8], den Ende April 1973 der ers­te ordent­li­che Bot­schaf­ter Hans Maretz­ki ablös­te. Am 6. April 1973 eröff­ne­te Paki­stan sei­ne Bot­schaft in der DDR. Zum ers­ten Bot­schaf­ter in Ost-Ber­lin ernann­te die paki­sta­ni­sche Regie­rung Mit­te Mai 1973 den frü­he­ren Bot­schaf­ter in Otta­wa, Jams­heed K. A. Mar­ker. Die Benen­nung die­ses ange­se­he­nen Diplo­ma­ten, der zuvor bereits Bot­schaf­ter Paki­stans in der UdSSR gewe­sen war, wur­de im MfAA all­ge­mein als ein posi­ti­ves Zei­chen der Wert­schät­zung gese­hen, die Paki­stan der DDR offen­sicht­lich entgegenbrachte.

In Bonn wur­de die Aner­ken­nung der DDR trotz des paki­sta­ni­schen Ent­ge­gen­kom­mens nicht wider­spruchs­los hin­ge­nom­men. Die Bun­des­re­pu­blik ließ sich zwar nicht davon abhal­ten, am 30. Novem­ber 1972 ein Abkom­men über wis­sen­schaft­lich-tech­no­lo­gi­sche Zusam­men­ar­beit mit Paki­stan zu unter­zeich­nen. Eine eigent­lich geplan­te Rei­se des Staats­se­kre­tärs Paul Frank zu Regie­rungs­kon­sul­ta­tio­nen nach Paki­stan hin­ge­gen wur­de zunächst auf unbe­stimmt ver­scho­ben. Auch dem paki­sta­ni­schen Wunsch nach Auf­he­bung des nach dem letz­ten indisch-paki­sta­ni­schen Kon­flikt über den Sub­kon­ti­nent ver­häng­ten Waf­fen­em­bar­gos wür­de bis auf Wei­te­res nicht ent­spro­chen wer­den, beschied man in der Bon­ner AA-Zen­tra­le. In Indi­en wie­der­um rief die Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen zwi­schen der DDR und Paki­stan ent­ge­gen ost-ber­li­ner Befürch­tun­gen kei­ner­lei media­les Echo hervor.

Ers­te nen­nens­wer­te Akti­on der DDR in Paki­stan war Ende Juni 1973 die Grün­dung einer Paki­stan-DDR-Freund­schafts­ge­sell­schaft im nahe der afgha­ni­schen Gren­ze gele­ge­nen Pescha­war. Nach Ein­schät­zung der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Bot­schaft bestand deren Haupt­zweck dar­in, in die­sem noto­risch unre­gier­ba­ren Teil des Lan­des im Auf­trag der in Paki­stan arg­wöh­nisch beob­ach­te­ten Sowjet­uni­on die auf­stän­di­schen Pash­tu­nen zu unter­stüt­zen. Abge­se­hen von die­ser und den bereits erwähn­ten klei­ne­ren Grup­pen exis­tier­te in Paki­stan jedoch wei­ter­hin kei­ne zen­tra­le Freund­schafts­ge­sell­schaft, zumal die Zusam­men­ar­beit der DDR-Bot­schaft etwa mit der Freund­schafts­ge­sell­schaft in Laho­re dadurch beein­träch­tigt wur­de, dass die paki­sta­ni­sche Regie­rung der Tätig­keit sol­cher Freund­schafts­ge­sell­schaf­ten im Lan­de die not­wen­di­ge Zustim­mung ver­sag­te und dazu auf­for­der­te, bereits aus­ge­spro­che­ne Ein­la­dun­gen in die DDR wie­der zurück­zu­neh­men. Nichts­des­to­trotz leg­te Paki­stan der DDR gegen­über schnell eine aus­ge­spro­che­ne For­de­rungs­hal­tung an den Tag, wie Maretz­ki berich­te­te: „An die Ent­wick­lung der Bezie­hun­gen wer­den von paki­sta­ni­scher Sei­te Erwar­tun­gen geknüpft, die bis­her ohne kon­kre­te For­mu­lie­run­gen beson­ders eine öko­no­mi­sche und wis­sen­schaft­lich-tech­ni­sche Unter­stüt­zung sei­tens der DDR in unrea­lis­ti­scher Art und Wei­se vor­aus­set­zen.“[9] An der Zah­lung sub­stan­zi­el­ler Ent­wick­lungs­hil­fe an Paki­stan war die DDR jedoch nicht interessiert.

Der DDR ging es in Paki­stan nach Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen weni­ger dar­um, sich wirt­schaft­lich in die Poli­tik des indi­schen Sub­kon­ti­nents ein­zu­brin­gen, als vor allem um eine ver­bes­ser­te Sicht­bar­keit im Gast­land. Dass es um die­se nicht son­der­lich gut bestellt war, muss­te schon der ers­te Ver­tre­ter der DDR in Paki­stan, Wal­ter Schmidt, Anfang 1973 fest­stel­len: „Eine wei­te­re Erfah­rung aus den ers­ten offi­zi­el­len und inof­fi­zi­el­len Kon­tak­ten mit Paki­sta­nern besteht dar­in, dass die DDR als Staat abso­lut unbe­kannt ist und wir in die­ser Fra­ge vom Null­punkt anfan­gen müs­sen. Selbst der Spre­cher des Par­la­ments […] begrüß­te mich zwar herz­lich, woll­te mir aber dann zei­gen, dass er auch schon eini­ge Poli­ti­ker mei­nes Lan­des kennt, indem er mir Ade­nau­er, Erhardt, Kie­sin­ger und Brandt auf­führ­te.“[10]

Die DDR mach­te sich nach Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen mit Paki­stan in ers­ter Linie kon­kre­te außen­po­li­ti­sche Anlie­gen der Sowjet­uni­on zu eigen, indem sie die „Schaf­fung eines kol­lek­ti­ven Sicher­heits­sys­tems in Asi­en“ pro­pa­gier­te. Etwa­ige bila­te­ra­le Zie­le der DDR muss­ten dem­ge­gen­über zurück­ste­hen. So konn­te etwa ein Han­dels­ver­trag nach Auf­nah­me diplo­ma­ti­scher Bezie­hun­gen nicht sofort geschlos­sen wer­den, was nicht zuletzt dar­auf zurück­zu­füh­ren war, dass die DDR sich von Paki­stan nicht auf kon­kre­te Zusa­gen zum Umfang die­ses Han­dels fest­le­gen las­sen woll­te. Erst im Lau­fe des Jah­res 1974 schloss die DDR ein Han­dels- und Zah­lungs­ab­kom­men sowie ein Kul­tur­ab­kom­men mit Paki­stan ab. Abge­se­hen davon blie­ben per­sön­li­che Kon­tak­te und gegen­sei­ti­ge Besu­che zwi­schen der DDR und Paki­stan wei­ter­hin ver­ein­zelt und die Wirk­sam­keit der ver­schie­de­nen Freund­schafts­ge­sell­schaf­ten sehr begrenzt. Die DDR war nun offi­zi­ell in Paki­stan ver­tre­ten, hin­ter­ließ dort jedoch kaum Spuren.

Quellen

Wäh­rend die Bezie­hun­gen der bei­den deut­schen Staa­ten zu Indi­en mit Johan­nes Voigts Die Indi­en­po­li­tik der DDR. Von den Anfän­gen bis zur Aner­ken­nung (1952–1972) [Köln/Weimar/Wien: Böhlau Ver­lag, 2008] und Amit Das Gupt­as Han­del, Hil­fe, Hall­stein-Dok­trin. Die bun­des­deut­sche Süd­asi­en­po­li­tik unter Ade­nau­er und Erhard, 1949–1966 [Husum: Mat­thie­sen Ver­lag, 2004] bereits umfang­rei­che wis­sen­schaft­li­che Beach­tung gefun­den haben, exis­tiert zum Aus­tausch von BRD und DDR mit Paki­stan noch kei­ner­lei Sekun­där­li­te­ra­tur. Solan­ge die paki­sta­ni­schen Archi­ve Aus­län­dern wei­ter ver­schlos­sen blei­ben, ist der an deutsch-paki­sta­ni­scher Diplo­ma­tie­ge­schich­te inter­es­sier­te His­to­ri­ker also zwin­gend auf eine eige­ne Pri­mär­quel­len­re­cher­che in deut­schen Archi­ven ange­wie­sen. Nament­lich sind dies das Poli­ti­sche Archiv des Aus­wär­ti­gen Amts (PA AA) in Ber­lin und das Bun­des­ar­chiv (BArch) mit sei­nen Stand­or­ten in Ber­lin und Koblenz.

Bis 1979 sind die Archiv­be­stän­de des MfAA im PA AA the­ma­tisch nach dem Per­ti­nenz­prin­zip geord­net. Sämt­li­che MfAA-inter­ne Kor­re­spon­denz und Berich­te mit Bezug zu Paki­stan fin­det sich im PA AA im Bestand M1 – Zen­tral­ar­chiv. Archi­va­li­en, deren Lauf­zeit spä­tes­tens 1966 endet, sind durch eine mit A begin­nen­den Signa­tur gekenn­zeich­net, die Archi­va­li­en­si­gna­tur sol­cher mit einem spä­te­ren Lauf­zeit­ende beginnt mit C. Über die MfAA-Bestän­de hin­aus sind jedoch natür­lich auch die Ein­schät­zun­gen der „Gegen­sei­te“ aufschlussreich.

Das west­deut­sche AA ord­ne­te sei­ne Archi­va­li­en von Anfang an her­kunfts­be­zo­gen nach dem Pro­ve­ni­enz­prin­zip. Die Akten des Län­der­re­fe­rats „IB 5 Süd- und Ost­asi­en, Aus­tra­li­en, Neu­see­land und Ozea­ni­en“, das auch die bila­te­ra­len poli­ti­schen Bezie­hun­gen der Bun­des­re­pu­blik zu Paki­stan bear­bei­te­te, fin­den sich im Bestand B 37. Als Kurio­sum ist zu ver­mer­ken, dass das PA AA eine Akte die­ses Län­der­re­fe­rats IB 5 offen­bar falsch klas­si­fi­ziert hat: Der Band 306 behan­delt zwar die Bezie­hun­gen der DDR zu Paki­stan, fin­det sich jedoch nicht im Bestand B 37, son­dern im Bestand B 38 – Ber­lin und Wie­der­ver­ei­ni­gungs­fra­gen. Rele­van­te Kor­re­spon­denz und Berich­te aus der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Bot­schaft in Islam­abad fin­den sich außer­dem im Bestand AV Neu­es Amt unter dem Kür­zel ISLA. Als Teil der „Bezie­hun­gen des Gast­lan­des zu Dritt­staa­ten“ behan­del­ten regel­mä­ßi­ge Berich­te der Aus­lands­ver­tre­tun­gen stets auch den Aus­tausch der jewei­li­gen Gast­län­der mit der DDR.

Zuletzt exis­tie­ren am Ber­li­ner Stand­ort des Bun­des­ar­chivs im Bestand DY 13 – Liga für Völ­ker­freund­schaft der DDR, der Dach­or­ga­ni­sa­ti­on der in der DDR bestehen­den natio­na­len Freund­schafts­ge­sell­schaf­ten, Schrift­stü­cke einer eigen­stän­dig agie­ren­den paki­sta­ni­schen DDR-Freund­schafts­ge­sell­schaft, die die zustän­di­ge Deutsch-Süd­ost­asia­ti­sche Gesell­schaft der DDR um (vor allem finan­zi­el­le) Unter­stüt­zung ihrer Arbeit bat.

Endnoten

[1]Schwab in „Außen­po­li­ti­sche Direk­ti­ve für den Besuch der Dele­ga­ti­on des Minis­te­ri­ums für Außen­han­del und Inner­deut­schen Han­del in Paki­stan“, 30. Okto­ber 1963, PA AA, M 1, A 13948.
[2]Par­vez Masud Baig an Deutsch-Süd­ost­asia­ti­sche Gesell­schaft, 9. Dezem­ber 1971, BArch, DY 13/2240.
[3]Ber­ger an AA, 25. Janu­ar 1971, PA AA, B 37, Bd. 634.
[4]Ber­ger an AA, 23. Okto­ber 1972, PA AA, ISLA, Bd. 8149.
[5]Die­sel an Bot­schaft Rawalpin­di, 23. Okto­ber 1972, PA AA, ISLA, Bd. 8149.
[6]Van Well an Bot­schaft Rawalpin­di, 24. Okto­ber 1972, PA AA, ISLA, Bd. 8149.
[7]Ber­ger an AA, 26. Okto­ber 1972, PA AA, ISLA, Bd. 8149.
[8]Ber­ger an AA, 25. Janu­ar 1973, PA AA, B 37, Bd. 100303.
[9]Maretz­ki an Willerding/MfAA, 27. Juni 1973, PA AA, M 1, C 89/78.
[10]Schmidt an Radde/MfAA, 8. Febru­ar 1973, PA AA, M 1, C 97/78.

Alex­an­der Bena­tar, IAAW, Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Berlin

MIDA Archi­val Refle­xi­con

Edi­tors: Anan­di­ta Baj­pai, Hei­ke Liebau
Lay­out: Mon­ja Hof­mann, Nico Putz
Host: ZMO, Kirch­weg 33, 14129 Ber­lin
Cont­act: archival.reflexicon [at] zmo.de

ISSN 2628–5029