Von Stephanie Kleidt
Veröffentlicht 2024
DOI 10.25360/01–2024-00006
Bild: Brüder Schlagintweit (v. l. Robert, Hermann und Adolf), Quelle: Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Inhaltsverzeichnis
Die Expedition der Schlagintweit | Die wissenschaftlichen Aufzeichnung | Naturalien und Artefakte | Literaturverzeichnis
Die Expedition der Schlagintweit
Unter allen Dingen zu denen ich mitgewirkt, ist Ihre Expedition nun eine der wichtigsten geblieben. Es wird mich dieselbe noch im Sterben erfreuen. Sie werden geniessen, was zwischen der Rückunft [!] von Mexico und der Sibirischen Reise ununterbrochen meine Phantasie beschäftigt hat. Möge es Ihnen wohl gehen.
Brescius 2015, S. 47
Mit diesen Zeilen nahm Alexander von Humboldt im September 1854 Abschied von den drei Münchner Brüdern Hermann (1826 – 1882), Adolph (1829 – 1857) und Robert Schlagintweit (1833 – 1885), die zu ihrer Expedition nach Indien und „Hochasien“ aufbrachen. Humboldt war der Spiritus rector dieser Forschungsreise; er hatte das Unternehmen eingefädelt und begleitete es publizistisch. Verständlich daher, dass die drei Brüder sich dem Universalismus des greisen Doyens der Geowissenschaften nicht entziehen konnten und wollten. Humboldts Rolle im Hintergrund erklärt die Schlagintweit‘sche Fixierung auf dessen wissenschaftlichen Ansatz.
Die enorme Spannweite der Interessen und Ziele, die fast das ganze Gebiet der damaligen Naturwissenschaften abdeckten, sollte allerdings wesentlich dafür verantwortlich sein, dass der Schlagintweit‘schen Expedition der wissenschaftliche Erfolg letztlich versagt blieb. Die Überfülle der gesammelten Daten und Objekte ließ sich von den beiden Überlebenden – der Bruder Adolph, gewiss der begabteste der drei Forscher, wurde 1857 in Kashgar ermordet – nicht mehr dem Stand der Wissenschaft gemäß verarbeiten. Im Zuge der beginnenden Spezialisierung der naturkundlichen Fächer erwies sich eine parallele Beherrschung der vielfältigen Entwicklungen und methodischen Neuansätze als nicht mehr möglich, von der verständlichen Präsentation ganz zu schweigen. Die auf neun Bände angelegte Publikation der „Results of a scientific Mission to India and High Asia“ blieb auf halbem Wege stecken. Als Repräsentanten einer veralteten Wissenschafts-Konzeption verschwanden die Brüder bald aus dem Rampenlicht; ihre Sammlungen wurden aufgelöst. Zum Scheitern ihrer Lebensentwürfe trugen freilich auch die politischen Umstände in Preußen und Großbritannien, persönliche Unglücksfälle sowie das undiplomatische, an Hochstapelei grenzende Verhalten der überlebenden Brüder in gerütteltem Maße bei. Diese Männer waren keine Märtyrer ihrer Wissenschafts-Disziplinen.
Hermann und Adolph Schlagintweit, Söhne eines erfolgreichen Münchner Augenarztes, waren nach der Promotion zum Geographen bzw. Geologen und Physiker in München 1849 nach Berlin gegangen, ins deutsche Zentrum der sich herausbildenden geowissenschaftlichen Disziplinen, und hatten dort Fuß zu fassen versucht. Sie hatten bereits als Schüler Zeichnen und Malen gelernt, früh die Alpen entdeckt und dort den Umgang mit Messinstrumenten und neuen wissenschaftlichen Methoden erprobt. Hermann und Adolf hatten bei einer gemeinsamen Besteigung des Monte Rosa im August 1851 ihr Können als Bergsteiger bewiesen; sie waren mit Abhandlungen über die Alpen hervorgetreten. Humboldt war von den praktischen Fähigkeiten und dem Scharfblick der Brüder begeistert und stellte sie Friedrich Wilhelm IV. von Preußen vor. Der König fand 1852 Gefallen am Projekt einer Expedition in den Himalaya, dem unerfüllten Lebenstraum Humboldts, der von den vielversprechenden jungen Männern an seiner Statt realisiert werden sollte.
Allerdings wollte der preußische Kultusminister Karl Otto von Raumer dem Enthusiasmus seines Monarchen nicht folgen und verweigerte die Finanzierung einer Expedition bayerischer Wissenschaftler. Über Karl Josias [von] Bunsen, den preußischen Gesandten in London, nahmen Humboldt und der König daher Kontakt zur britischen Ostindischen Kompagnie (EIC) auf und vermochten diese zu überzeugen, dass die Brüder Schlagintweit bestens qualifiziert seien zur Fortführung einer unvollendeten wissenschaftlichen Arbeit: der Kartierung des terrestrischen Magnetismus im britischen Herrschaftsgebiet auf dem indischen Subkontinent, die 1849 zum Erliegen gekommen war. Der preußische König versprach, sich an den Kosten der Expedition zu beteiligen. Offenbar beeindruckt von so hoher Protektion, nahm die EIC die Brüder in ihren Dienst – ohne Rücksicht auf die Kritik britischer Wissenschaftler, die sich hinter „Ausländern“ zurückgesetzt fühlten und auch die Qualifikation der Erkorenen anzweifelten. Die Initiative zu der Auftragsvergabe an die Schlagintweit ging eindeutig von Berlin aus. Ohne konstante Unterstützung durch das Personal der EIC und ohne eine große Gruppe von einheimischen Mitarbeitern aber hätten die Brüder ihre ausgedehnten, schon logistisch anspruchsvollen Reisen – sie reisten zumeist auf getrennten Routen – freilich nicht zu bewältigen vermocht.
Unterstützt wurden Hermann und Adolph durch den frisch promovierten jüngeren Bruder Robert, der in letzter Stunde zur Expedition hinzustieß. Ihren eigentlich eng begrenzten Auftrag weiteten die Brüder teils mit Zustimmung der EIC, teils aber eigenmächtig aus. Dem ursprünglichen Berliner Projekt gemäß galt ihr Interesse eher den Hochgebirgen als der Fläche des Subkontinents. Neben Magnetismus, Geologie und Geographie erkundeten sie auch Flora und Fauna, Ethnologie und Anthropologie der bereisten Gebiete, strebten also im Humboldt‘schen Sinne nach vollständiger Erfassung von Gestalt, Geschichte und Lebensformen. Die Gelegenheit zur Bereicherung der Berliner Museen erkennend, hatten Humboldt und Bunsen bereits vorab die Möglichkeit sondiert, Doubletten aus evtl. anzulegenden Sammlungen nach Berlin abzugeben. Am Ende brachten Hermann und Robert 1857 gut 500 Kisten voller Naturalien und Artefakte mit nach Europa.
Ihr innovativer Versuch, damit in Berlin ein eigenständiges indisches Museum zu errichten, wurde jedoch vom preußischen Kultusministerium abgelehnt: Eine solche Einrichtung fördere allein die Schaulust des Publikums, nicht aber die Wissenschaft! Im Verlauf dieser Verhandlungen diskreditierten die Brüder sich dauerhaft und fanden auch keine neuen Fürsprecher, als Friedrich Wilhelm IV., Humboldt und Bunsen nacheinander von der Bühne abtraten. Erst mit der Gründung des Berliner Völkerkundemuseums 1874 näherte Preußen sich dem Schlagintweit‘schen Konzept an.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Auflösung der Sammlungen, mit denen die 1859 durch König Max II. von Bayern geadelten Brüder 1860 nach Schloss Jägersburg bei Forchheim ausgewichen waren, bereits begonnen. Nach 1860 wurde die wissenschaftliche Bearbeitung, deren Rahmen die Schlagintweit weit gespannt und deren Zeitaufwand sie gröblich unterschätzt hatten, nicht mehr von der EIC finanziert und es fand sich kein neuer Mäzen. Die Brüder fielen in den Status von Privatgelehrten zurück; die Last des Unterhalts der Sammlungen und des standesgemäßen Auftretens als Adelige und Schlossbesitzer wurde drückender und darüber schwand die Motivation zum Weiterarbeiten. Offenbar hatten die Ordnung des Mitgebrachten und die Herstellung musealer Repliken zu viel Zeit und Ressourcen von der Erledigung der wissenschaftlichen Kernaufgaben abgezogen. Es lässt sich zudem nicht übersehen, dass die Brüder beim Versuch, aus der Expedition Gewinn für ihren sozialen Aufstieg zu schlagen, den Bogen überspannt hatten. Die Publikationen stockten ab 1866. Hermann v. S. lebte schließlich in München von einem Gnadengehalt König Ludwigs II., Robert v. S. in Gießen als außerordentlicher Professor für Geographie von einer ausgedehnten Vortragstätigkeit; beide blieben unvermählt. Die Jägersburg wurde zur finanziellen Belastung. Ihr Verkauf gelang erst 1890 dem Erben, dem jüngsten Bruder Emil Schlagintweit (1835 – 1904). Der löste den Rest der Sammlungen auf.
Im 20. Jahrhundert war der Ruf der Brüder Schlagintweit fast nur noch bei Alpinisten lebendig, nämlich als wagemutige Bergsteiger in den Alpen und im Himalaya. Ein wissenschaftlicher Neuansatz in der Beschäftigung mit ihren Forschungen und Sammlungen wurde 2012 angeregt durch eine hochherzige Schenkung der Familie Schlagintweit, die dem Alpinen Museum in München etwa 200 Landschaftszeichnungen und Aquarelle überließ, welche Hermann und Adolph Schlagintweit auf ihrer Expedition angefertigt hatten. Der Wunsch, dieses Material mit einer Ausstellung bekannt zu machen (Alpines Museum München, 19. 3. 2015 – 10. 1. 2016), war Anlass für eine neuerliche und weithin erstmalige Auseinandersetzung mit der wohl aufwendigsten Forschungsreise deutscher Wissenschaftler nach Asien im 19. Jahrhundert. Im Fokus standen dabei die Hintergründe und die Ziele der Expedition, die Diskrepanz zwischen dem Anspruch einerseits und der unvollendeten wissenschaftlichen Aufarbeitung andererseits, sowie das weitere Schicksal der Sammlungen, Zeichnungen und Photographien, die in einem jahrelangen Ausverkauf weit verstreut worden waren. Aus den Akten im Geh. Staatsarchiv in Berlin sowie aus dem Nachlass in der Bayerischen Staatsbibliothek München (BSB) ergaben sich wesentliche Korrekturen am bisherigen älteren Forschungsstand. Die wichtigsten Ergebnisse sind dokumentiert in der Begleitpublikation (Brescius / Kaiser, 2015). Anlässlich der Ausstellung veranstaltete die Abteilung Glaziologie der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ein Symposium (22./23. 4. 2015), das unter anderem nach der aktuellen Relevanz der Schlagintweit´schen Forschungen fragte.
Die Expedition der Brüder Schlagintweit ist heute nicht nur ein wissenschaftshistorisches Beispiel für Forschungsreisen in einem frühkolonialen Kontext. Aufgrund der zeitlichen Distanz ermöglicht das erhaltene Material vielmehr neue Erkenntnisse, trotz aller Verluste und Unzulänglichkeiten. Obwohl von den Zeitgenossen bald für veraltet gehalten, sind die präzisen Karten, Zeichnungen und Messungen, aber auch die naturgeschichtlichen Präparate heute für neue wissenschaftliche Fragen von Wert. Der Schlagintweit-Nachlass öffnet ein Fenster in die Vergangenheit, das für die Glaziologie und die Meteorologie, aber auch für Botanik und Zoologie hohe Bedeutung besitzt. (Vgl. z.B. Kick 1967; Kick 1993; Gemel/Haring 2011; Dickoré 2015; Mayer 2015; Nüsser 2015.) Auch die aktuellen sozialgeographischen Grenzraumforschungen (Borderland Studies) finden hier wesentliche Bezugspunkte.
Die wissenschaftlichen Aufzeichnungen
Im Folgenden wird versucht, einen summarischen Überblick über das bisher aufgefundene Material zu geben (Stand 2024). Es ist nach Sachgruppen und innerhalb dieser nach den Erwerbungsdaten geordnet.
Arbeitsmaterial und Korrespondenz
Der erhaltene Teil der Aufzeichnungen von der Expedition und ein großer Teil des Briefwechsels der Brüder wird in der Abteilung „Nachlässe“ der Handschriftenabteilung der Bayerischen Staatsbibliothek München (BSB) verwahrt. Der Bestand mit ca. 17,5 Regalmetern ist durch ein Findbuch sowie ein (gekürztes!) gedrucktes Nachlassverzeichnis erschlossen (Büchler / Schumacher 1990).
Hermann v. S.s privater schriftlicher Nachlass wurde nach seinem Tode 1882 von seinen Brüdern Robert und Emil makuliert. Dabei sind offenbar die Korrespondenz mit Kollegen sowie Sammlungen verloren gegangen.
Zeichnungen und Aquarelle
Auf die von ihm und Adolph geschaffenen Landschaftsdarstellungen aus Indien und Asien war Hermann v. S. besonders stolz. Er erhob den Anspruch, mit der wahrheitsgemäßen Darstellung der Landschaft als Künstler zu arbeiten. Insgeheim aber ließ er, wie bei der Ausstellung 2015 entdeckt wurde, einen Großteil der Blätter von versierten Münchner Landschaftsmalern überarbeiten oder umzeichnen, um sie attraktiver zu machen. Er plante auch eine kolorierte photographische Publikation aller Zeichnungen, die jedoch abgebrochen werden musste. Ehe die Blätter – in vielen Fällen die früheste oder einzige Abbildung der jeweiligen Situation – heute als geographisch getreue Wiedergaben bewertet werden, muss somit jeweils überprüft werden, ob das Blatt als authentisch gelten kann.
Auf der Expedition entstanden etwa 750 Landschaftszeichnungen und ‑Aquarelle. Den ursprünglichen Bestand hatte Hermann v. S. in einer gedruckten Liste erfasst („General Register“; Exemplare im Nachlass in der BSB). Von ihm werden heute 190 Blätter in der staatlichen Graphischen Sammlung München verwahrt und 193 Blätter im Alpinen Museum München (davon 34 Pausen und Skizzen; alle einsehbar über die Datenbank des „Historischen Alpenarchivs“ (http://www.historisches-alpenarchiv.org). Einige wenige Blätter befinden sich in Privatbesitz.
Die zu den meisten Blättern gehörenden sog. „Explanatories“ – in der Regel skizzenhafte Wiederholungen mit Eintragung von Messdaten und Beobachtungen – befinden sich gebunden im Nachlass der Brüder in der Bayerischen Staatsbibliothek München. Der Bestand ist unvollständig. Zu den Zeichnungen vgl. die Konkordanz (Kleidt 2015 c) und die Ausführungen bei Kleidt (2015 b).
Hermann v. S. plante 1859 eine kolorierte Photo-Edition der Zeichnungen bei Joseph Albert in München. Das Projekt wurde wohl wegen der Unzulänglichkeit der Kolorierung abgebrochen; 87 Motive liegen heute in der Staatsbibliothek Bamberg (Sammlungen des Historischen Vereins, HVG 47/19–182). Ersatzweise erschien bei Brockhaus 1860 ein Album von besserer Farbqualität mit 28 Fotos, von dem aber nur ein Exemplar bekannt ist (BSB, Schlag.iana IV.1). Die Fotos werden gelegentlich für Originalzeichnungen der Brüder gehalten.
Karten
Umfangreiches Kartenmaterial von der Expedition liegt teils im Nachlass, teils in der Kartensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek München.
Naturalien und Artefakte
Die von den Brüdern während ihrer Reisen zusammengetragenen Sammlungen waren von der EIC finanziert worden und somit deren Eigentum. Um die wissenschaftliche Bearbeitung durch die Schlagintweit zu erleichtern, hatte die EIC einer temporären Überführung nach Berlin zugestimmt, jedoch mit der Maßgabe, bearbeitete Teile sukzessive nach London zurückzubringen. Das scheint aber nur mit einer ersten Sendung von 1859 geschehen zu sein, da sich mit der Ablösung der EIC durch das staatliche India Office die Interessen des India Museums verschoben. Nachdem die Brüder 1860 mit dem gesamten Sammlungsbestand aus Berlin auf die Jägersburg bei Forchheim ausgewichen waren, verfügten sie spätestens ab 1862 über die Objekte wie ihr Eigentum. Ein Dokument, das die Abtretung der britischen Eigentumsansprüche an die Brüder Schlagintweit bestätigen würde, ist bisher unbekannt. (Zu den Sammlungen generell vgl. Kleidt 2015 a).
Zur wissenschaftlichen Auswertung der naturwissenschaftlichen Sammlungen zog Hermann v. S. nach dem Tode des Bruders Adolph verschiedene Fachwissenschaftler heran. Er selbst hat die „Beiträge zur systematischen Bearbeitung des naturgeschichtlichen Materials in den v. Schlagintweitschen Sammlungen“ im Almanach der Kgl. Bayer. Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1875, S. 267–268 aufgelistet (sieben botanische Beiträge, zwei zoologische und je einen zu paläontologischen und mineralogischen Fragen). Im Almanach 1878 ist die Liste um einen Beitrag zur botanischen Sammlung erweitert (Almanach 1878, S. 144–149).
Botanische Sammlungen / Herbarien
Infolge Tauschs mit anderen botanischen Sammlungen sind einzelne Herbarbelege der Brüder Schlagintweit heute in vielen Institutionen nachweisbar (vgl. Dickoré 2015).
1858/1859 London, India Museum
Im Zuge der Rückführung bearbeiteter Objekte an die EIC wurden etwa 600 Herbarbelege an das India House abgegeben. Nach der Auflösung des India Museums 1879 gelangten die Pflanzen über das British Museum schließlich an das Natural History Museum in London.
1868 Schweinfurt, Stadtarchiv
Im Nachlass des botanisch interessierten Pfarrers Friedrich Emmert liegen 60 unbestimmte Herbarbelege, die Robert v. S. 1868 Emmert geschenkt hat (NL Friedrich Emmert, Nat. Fol. 76/1).
London, Natural History Museum
Das British Museum übernahm 1879 offenbar die naturkundlichen Bestände des India Museum und erwarb zusätzlich 1886 und 1900 von Privat eine große Zahl von Belegen aus dem Schlagintweit’schen Herbar. Dieses Material — insgesamt 2050 Belege — befindet sich heute im Natural History Museum, ist dort aber in das Gesamtherbarium eingegliedert.
1883 München, Botanische Staatssammlung
1883 erhielt der Botanische Garten 600 Pflanzenpräparate für sein Herbarium geschenkt. Das Material wurde in die systematische Ordnung der Herbarbelege eingefügt.
1885 Berlin, Botanisches Museum
1885 Ankauf von 788 Herbarbelegen, 1943 vollständig kriegszerstört.
Zoologische Sammlungen
1858/1859 London, ehem. India Museum
Im Zuge der Rückführung bearbeiteter Objekte an die EIC wurden ausgestopfte Tiere, Reptilien und Fische in Spiritus in unbekannter Anzahl, Samenproben und etwa 550 Baumabschnitte sowie 1.200 Bodenproben in Gläsern an das India House übergeben. Der Verbleib ist ungeklärt.
1862 München, Zoologische Staatssammlung
1862 erwarb die Sammlung von den Brüdern Schlagintweit etwa 40 Säugetierpäparate, 10 Tierskelette, 421 Vogelbälge, 13 Schildkrötenpanzer, ca. 500 Spirituspräparate von Süßwasserfischen aus Tibet und dem Himalaya sowie 18 Gläser mit Reptilien.
Im II. Weltkrieg gingen u. a. alle Fischpräparate verloren. Einzelnachweise des Erhaltenen sind nur ausnahmsweise möglich, so bisher für 8 Spirituspräparate von Reptilien, 8 Schildkröten, 19 Vogelbälge, 1 Skelett eines kleinen Panda. Nach der Münchner Ausstellung 2015 konnte ein großes Wasserbüffelgehörn aus den Sammlungen der Schlagintweit, das auf der Burg Gleiberg bei Gießen verwahrt war, in die Zoologische Staatssammlung München eingegliedert werden.
1862 Darmstadt, Hessisches Landesmuseum
1862 wurden ausgestopfte Tiere, Schädel, Gehörne, Felle, Vogelbälge und Tierpräparate in Spiritus sowie eine Schmetterlingssammlung an das damals Großherzogliche Museum abgegeben. Für Sammlungen aus der Zeit vor 1870 existiert in Darmstadt keine Dokumentation, so dass die Provenienz von Altbeständen nicht mehr nachvollziehbar ist. Möglicherweise sind dort noch Schlagintweit’sche Präparate vorhanden.
1882 Nürnberg, Naturhistorische Gesellschaft (Norishalle)
Nach der Schließung der Ausstellung auf der Nürnberger Burg 1882 ließen Robert und Emil S. die dortige zoologische Sammlung in Nürnberg versteigern. Die Naturhistorische Gesellschaft erwarb nicht näher benannte Tierpräparate, eine Kollektion Vögel sowie Conchilien. Sie sind gegenwärtig nicht nachzuweisen.
1883 Berlin, ehem. Landwirtschaftliches Museum
Emil S. verkaufte sechs (nicht näher bezeichnete) Tierskelette an Prof. Alfred Nehring, zuständig für das Museum der „Königlichen Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin“ (heute: Albrecht Daniel Thaer Institut für Agrar- und Gartenbauwissenschaften der Humboldt-Universität Berlin). Der Verbleib ist ungewiss.
1886 Braunschweig, Staatliches Naturhistorisches Museum
1886 erwarb das Herzogliche Naturhistorische Museum Braunschweig von Emil S. ca. 20 Tierskelette und Schädel. Von den 11 im Inventar verzeichneten Skeletten sind derzeit 7 nachweisbar.
1894/95 Stuttgart, Staatliches Museum für Naturkunde (ehem. K. Naturalienkabinet)
Ankauf von Mollusken. „Gekauft wurde eine von Schlagintweit gesammelte Kollektion von 197 sp. [species] mit 400 Exemplaren, von welchen einige Süsswassermollusken aus dem Himalayagebiet hervorzuheben sind,…“ (Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde Württemberg, Bd.52, 1896, S. 406). Kriegsverluste der Sammlungen und Verluste älterer Inventar- und Ankaufsbücher sowie noch nicht vollständig in der Datenbank erfasste Sammlungsbestände lassen keine gesicherte Aussage über den Verbleib zu.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass noch Mollusken aus den Sammlungen der Brüder Schlagintweit vorhanden sind.
Mineralien, Paläontologie
Die überwiegend wohl von Adolph S. gesammelten Mineralien, Bodenproben und Versteinerungen – Emil S. bezifferte sie später auf fast 10.000 Stücke – sind nur noch zum kleinsten Teil nachweisbar. Mit dem frühen Tode des Geologen gingen seine Einsichten verloren; die Kriterien der Auswahl der Proben waren undeutlich und deren Beschriftung offenbar unvollkommen. Die überlebenden Brüder konnten zwar die Versteinerungen aussondern und großenteils bestimmen lassen, fanden aber keinen kompetenten Fachmann für die Klassifizierung der großen Menge. Vielleicht deshalb wandte Hermann sich an den renommierten Bonner Mineralienhändler August Krantz, dem er auch die beiden einschlägigen Bände der Schlagintweit’schen Beobachtungsmanuskripte überließ.
1858/1859 London, India Museum
Im Zuge der Rückführung bearbeiteter Objekte an die EIC kamen auch Mineralien in das India House; nach dessen Auflösung 1879 gelangten sie ins Mineralien-Kabinett des Britischen Museums. Wegen fehlender Etikettierung war dieser Bestand nicht wissenschaftlich zu erschließen und wurde nach 1900 vermutlich entsorgt.
um 1863 München, Paläontologische Staatssammlung
Wohl nach der Bestimmung eines Teils der Versteinerungen erwarb der Bearbeiter Albert Oppel 20 – 30 Ammoniten und Belemniten, darunter den Holotyp des nach Adolph Schlagintweit benannten „Ammonites Adolphi Opp.“, sowie kreidezeitliches Material für die Münchner Sammlung.
Datum ?, Bonn, Mineralienkontor August Krantz
Der Hauptteil der Mineraliensammlungen wurde bereits von Hermann v. S. dem Rheinischen Mineraliencomptoir Dr. A. Krantz, Bonn, in Kommission gegeben. Robert und Emil gaben um 1882 wohl auch den Rest sowie einige Vögel dorthin ab. 1887 wurden die – offenbar beträchtlichen – unverkäuflichen Reste der Mineralien als „wertloses Geröll“ entsorgt. Die Beobachtungsmanuskripte waren nicht mehr nachweisbar.
Ethnographische Sammlungen
Hermann v. S. hoffte lange, es werde gelingen, den wertvollen ethnographischen Teil der Sammlungen insgesamt in einem Museum unterzubringen. Er handhabte die Abgabe von Originalen daher restriktiv, bis er um 1880 in ernste finanzielle Schwierigkeiten geriet und einen Verkauf nach Berlin ins Auge fassen musste.
1858/1859 London, India Museum
Im Zuge der Rückführung bearbeiteter Objekte an die EIC erhielt das India House Gegenstände des buddhistischen Kultus sowie einen Satz Kopien der in Hemis (Ladakh) erworbenen tibetischen Tanzmasken. 70 Papier- und 281 Textilproben aus während der Expedition bereisten Gebieten befinden sich heute in der British Library London.
1859 Leiden, Rijksmuseum Volkenkunde
Nach der Thronentsagung Friedrich Wilhelms IV. von Preußen veranstalteten die Brüder Schlagintweit, gewiss auf der Suche nach einem neuen Mäzen, 1859 und 1860 eine Art Werbeaktion bei den ‚auswärtigen‘ Mächten, die in Personalunion über deutsche Territorien herrschten und insofern zum ‚Deutschen Bund‘ gehörten. Sie übersandten den Königen der Niederlande, von Dänemark und von Hannover jeweils einen Satz Kopien der tibetischen Tanzmasken aus Hemis sowie einige kleinere Originale bzw. Reproduktionen. Die König Wilhelm III. nach den Haag übersandten Masken-Kopien sowie 5 kleine tibetische Objekte wurden dem Museum in Leiden überlassen.
1859 Hohenheim, Deutsches Landwirtschaftsmuseum
Wohl im Rahmen ihrer Werbeaktion schenkten die Brüder Schlagintweit dem König von Württemberg 20 landwirtschaftliche Geräte aus ihren Sammlungen, die an die Landwirtschaftliche Akademie in Hohenheim weitergereicht wurden. Nachweisbar sind dort heute noch 2 Messer der Abor und Jaintas, 2 Sicheln, 1 Gartengerät, Modelle von Pflügen nach originalen Geräten (letztere Stand 2015 nicht auffindbar).
1860 Kopenhagen, Nationalmuseet
Die nach Kopenhagen übersandten Masken-Kopien und eine Gebetsmühle gehören heute dem Nationalmuseum in Kopenhagen. Vgl. den Eintrag zu Leiden.
1860 Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum
Die nach Hannover gesandten Masken, einige Spielkartenreplikate sowie eine Gesichtsabformung in Gips werden heute im Niedersächsischen Landesmuseum verwahrt. Vgl. den Eintrag zu Leiden.
1862 ? Jena, Universität
Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar erhielt spätestens 1862 von den Brüdern Schlagintweit „4 nicht kleine Kisten“ mit geographisch-ethnologischen Gegenständen, deren Übergabe an die Universität Jena als Grundstock eines ethnologischen Museums ab 1863 verhandelt wurde (Universitätsarchiv Jena, Bestand C Nr. 801, 803; Bestand B.A. Nr. 865). Die Akten geben eine ungefähre Vorstellung vom Inhalt: Lanzen und Bögen, Kostümteile, musikalische Instrumente, religiöse Drucke und Figuren, Abformungen von Mani-Steinen, sowie [Modelle von] Häusern und Schiffen. Nach dem Ende der Monarchie wurde das Museum aufgelöst. Die ethnographischen Objekte wurden in den 1920er Jahren offenbar an die Hamburger Ethnographica-Handlung Umlauff verkauft; ein Teil davon gelangte in das Hamburger Museum für Völkerkunde. Möglicherweise befanden sich unter den Jenenser Objekten auch die Repliken der tibetischen Tanzmasken, die von der Firma Umlauff in minderer Qualität in Gips reproduziert wurden (vgl. Dresden). Das Jenenser Museum wurde in der NS-Zeit wiederhergestellt, jedoch mit dem neuen Schwerpunkt Vor- und Frühgeschichte. Ob es danach noch Schlagintweit’sche Ethnographica besaß, ist nach dem Verlust der Akten unklar.
Datum ? Gießen, Oberhessisches Museum
Widersprüchliche Aussagen lassen vermuten, dass durch Robert v. S. (seit 1864 außerordentlicher Professor für Geographie an der Universität Gießen) ethnographische Objekte von der Expedition der Brüder in die Sammlung Wilhelm Gail gekommen sind und mit dieser 1925 in das Oberhessische Museum übergingen. Die Museumsverwaltung verweigerte dazu jede Stellungnahme.
1881, 1884 Berlin, Ethnologisches Museum
Die preußischen Museen interessierten sich nach einem Hinweis des in Würzburg und Berlin tätigen Arztes, Pathologen und Anthropologen Rudolf Virchow von 1874 für den Ankauf von Teilen der Schlagintweit’schen Sammlungen für das neue Museum für Völkerkunde. Als besonders begehrenswert erschienen die Objekte aus dem tibetischen Kulturkreis, „die bisher wohl seltener als die indischen nach Europa gekommen sind“. Der Ankauf in zwei Tranchen kam jedoch erst 1881 und 1884 zustande (Akten im Archiv des Museums). Den Einträgen in den handschriftlichen Bestandskatalogen zufolge handelte es sich um etwas mehr als 500, allerdings ausgesuchte Objekte. Die Inventarisierung wurde wahrscheinlich von dem aus München stammenden Indologen und Tibetologen Albert Grünwedel vorgenommen, der ab 1881 als Assistent am Berliner Ethnologischen Museum tätig war.
In der Datenbank des Museums sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt knapp über 500 Objekte mit der Herkunft aus den Sammlungen Schlagintweit verzeichnet mit den Identifikationen
I = Museum für Asiatische Kunst; IB = Zentralasien; IC = Südostasien; ID = Ostasien.
Bei etwa 100 Objekten fehlt gegenwärtig ein Standortvermerk, was auf einen Verlust im II. Weltkrieg deuten kann. Zu den bedauerlichsten Verlusten zählen die fünf Masken für den lamaistischen Cham-Tanz, die Hermann v. S. im Kloster Hemis (Ladakh) erworben hatte und die er als die zentralen Objekte seiner Sammlung betrachtete (dazu Kleidt 2016/2017).
1859, 1865/66, 1880, 1883/84 München, Museum Fünf Kontinente
Den Münchner Museen – zunächst den Vereinigten Sammlungen, dann dem 1862 gegründeten Museum für Völkerkunde – waren die Brüder Schlagintweit seit ihrer Nobilitierung durch Maximilian II. in besonderer Weise verpflichtet; es kam schon seit 1859 zu verschiedenen kleineren Ankäufen. Das nach 1885 erstellte Inventar der aus den Schlagintweit’schen Sammlungen erworbenen ethnographischen Objekte zählt 931 Nummern. Dabei waren 80 Stücke der „Ethnographischen Racentypen“ (erworben 1865/66), die gegenwärtig nicht nachweisbar sind.
Wegen geringer Kriegsverluste des Museums ist davon auszugehen, dass der größte Teil dieser Ankäufe noch vorhanden ist. Die Objekte sind den verschiedenen regionalen oder Sachabteilungen der Depotbestände zugeordnet.
1925 Dresden, Staatliche Ethnographische Sammlungen, Standort Dresden
Sechs Reproduktionen tibetischer Masken, erworben von Umlauff 1925, Inv.Nrn. 41006 – 41010, 41012. Vgl. den Eintrag zu Jena.
1926 Hamburg, Museum für Völkerkunde
6 tibetische Maskenreproduktionen, erworben von Umlauff 1926, Inv.Nrn. 26.3:1–6 bzw. 2001.218:3. Vgl. den Eintrag zu Jena.
Zu dieser Erwerbung gehören ebenfalls 9 reproduzierte Abdrücke von Holzdruckstöcken der Schlagintweit‘schen Sammlung.
Anthropologie
Die Erforschung der auf dem indischen Subkontinent ansässigen Völker und Stämme, insbesondere von Gemeinschaften von Ureinwohnern, die vor der Einwanderung der so genannten Aryas in den Gebieten lebten, stand schon bei der Abreise 1854 auf dem Arbeitsprogramm der Schlagintweit. (Zu Aryas vgl. Kulke/Rothermund 2010, S. 45). Zunächst glaubten sie in Anlehnung an zeitgenössische europäische Theorien, den Körperbau der verschiedenen Ethnien anhand detaillierter Messungen typisieren zu können (Listen der Daten von etwa 400 Individuen liegen im Nachlass in der BSB München). Robert v. S. hatte sich vor Antritt der Expedition eigens in Brüssel mit dem damals führenden Statistiker Adolphe Quetelet beraten. Die Vermessung von Individuen nahmen die Brüder teilweise auch an Gefangenen des Alipore Gefängnisses in Kalkutta (Kolkata) vor.
Der Versuch, menschliche Schädel und Skelette als Originalmaterial zu sammeln, erwies sich wegen der bei den Hindus üblichen Leichenverbrennung als schwierig. Nach eigener Angabe brachten die Schlagintweit etwa 20 Skelette und 54 Schädel mit nach Europa. Eine Reihe von Skeletten erhielt Hermann v. S. von Dr. Webb, dem Vorstand des Native-Hospitals zu Kalkutta (Kolkata) aus dem anatomischen Museum des Hospitals. (Reisen 1869, S. 234)
Weiterhin berichtet er von der Abnahme eines Gehängten von einem Galgen in Kashmir durch einen Helfer und von der Bergung von Choleratoten, die wegen der Ansteckungsgefahr in eine Schlucht geworfen worden waren. (Reisen 1869, S. 549; Reisen 1871, S. 428)
1883 Frankfurt, Senckenberg Naturmuseum
Von den originalen menschlichen Überresten wurden die Skelette und 12 Schädel 1883 an die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft verkauft, bei der sich ein Mitarbeiter für Anthropologie interessierte. Der Verbleib ist ungewiss; das Museum erteilte dazu keine Auskunft.
1886 Berlin, Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte
Auf Initiative des Vereinsvorsitzenden Rudolf Virchow erwarb der Verein 1886 den Restbestand von 43 menschlichen Schädeln. Davon sind heute noch 18 nachweisbar.
„Ethnographische Köpfe“
Offenbar kam erst während der Expedition die Idee auf, die Gesichter der zur anthropologischen Forschung erfassten Personen in Gips abzuformen. Nach der Rückkehr ließen die Brüder 275 solche Abformungen galvanoplastisch und auch in Gips reproduzieren und vertrieben sie seit 1859 unter dem Titel „Ethnographische Köpfe“ (bzw. „Heads“) über den Verleger Johann Ambrosius Barth in Leipzig. Dieser hat mehrfach mit Prospekten auf das Angebot hingewiesen (J. A. Barth, Prospectus of Messr. Schlagintweit’s Collection of Ethnographical Heads from India and High Asia. Leipzig, Mai 1859; zweite Auflage November 1859 sowie mindestens eine weitere Auflage nach 1877). Die Nachfrage war offenbar mäßig. Während die Brüder stets an dem Adjektiv „ethnographisch“ festhielten, wechselten sie um 1865 – wohl angesichts der angloamerikanischen Diskussion über menschliche Rassen – den Terminus und sprachen fortan nicht von „Köpfen“, sondern von „Racen Typen“. Eine Definition dieses Begriffs hat Hermann v. S. nicht gegeben; der für die ethnographischen Erkenntnisse vorgesehene Band der „Results“ blieb unbearbeitet.
Im Folgenden werden die belegten Käufe und die heute nachweisbaren Bestände dieser Gesichtsabformungen aufgeführt.
Kalkutta / Madras / Bombay
Unmittelbar nach ihrem Erscheinen waren zwei komplette Sätze für das Imperial Museum in Calcutta (Indian Museum Kolkata), sowie für das Government Museum Madras (Chennai) geordert worden. Einen Teilsatz erhielt ein Museum in Bombay.
London, ehem. India Museum
1859 wurde ein fast vollständiger Satz der Abformungen (Galvano) an das India House übergeben. Der Verbleib ist ungewiss.
St. Petersburg
Eine unbekannte Anzahl von Abformungen wurde nach St. Petersburg geliefert. Näheres ist nicht bekannt.
Mailand
Verkauf von 50 Abformungen in Gips an einen Grafen Mondolfo für das Civico Museo di Storia Naturale di Milano (Allgem. Zeitung Augsburg 1. April 1866, S. 1484). Bisher nicht nachweisbar.
München, Museum Fünf Kontinente
Das 1862 gegründete Münchner Völkerkundemuseum erwarb 1865/1866 80 Abformungen (Galvano), die heute nicht mehr nachweisbar sind.
Berlin, Ethnologisches Museum
In den 1890iger Jahren Ankauf eines kompletten Satzes der Abformungen für 3500 Mark.
Nachweisbar sind heute:
Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum
1 Abformung in Gips
Jena, Museum Anatomicum Jenense
6 Stücke (Galvano) der „Ethnographischen Köpfe“. Diese waren ursprünglich Geschenke der Brüder Schlagintweit an Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar, der sie dem Anatomicum der Universität überstellte.
Paris, Musée National d’Histoire Naturelle
Das Museum erwarb die komplette Serie der 275 Abformungen (Galvano); heute noch weitgehend vorhanden.
Lahore/Pakistan, Lahore Museum
2017 wurden in den Beständen des Museums 50 Abformungen (Galvano) aufgefunden.
Bombay (Mumbai), Dr. Bhau Daji Lad Mumbai City Museum
14 Abformungen (Galvano)
Traum vom Orient
Die Wirkung der Brüder Schlagintweit beschränkte sich nicht auf die Wissenschaft. Ihre Erkenntnisse, Bilder und Objekte beflügelten auch die Phantasie hochgestellter Persönlichkeiten. Während es Friedrich Wilhelm IV. von Preußen aber nicht vergönnt war, seine Träume von Indien und Kaschmir in einem „Indischen Museum“ in Berlin lebendig werden zu lassen, konnte sein Großneffe Ludwig II. von Bayern 1867–1870 eine ähnliche Vision vom Orient realisieren: ‚Indien‘ war das Leitmotiv des privaten Wintergartens auf der Münchner Residenz. Ludwig II. bestand allerdings auf Wirklichkeitstreue und zog dafür mit Hermann v. S. einen Spezialisten hinzu. Dessen Mitwirkung an diesem Projekt ist aus drei signifikanten Fakten zu erschließen: Im Schlussprospekt des Dachgartens wurde die erste Tafel der „Results“ mit der Ansicht des Mount Everest („Gaurisankar“) adaptiert; die eigentümliche Gestalt der ‚Indischen Hütte‘ reflektierte Hermanns Zeichnungen; zur Ausstattung dieser Hütte erwarb der König 1870 originale Textilien, Teppiche, Mobiliar, Korbwaren, ein Weihrauchgefäß und ein besonders großes Bambusrohr aus den Schlagintweit’schen Sammlungen. Bei der Auflösung des Wintergartens 1886 gingen diese Objekte offenbar verloren.
Literaturverzeichnis
Veröffentlichungen der Brüder Schlagintweit über die Expedition
Results
Schlagintweit-Sakünlüski, Hermann de / Adolph Schlagintweit / Robert de Schlagintweit: Results of a scientific Mission to India and High Asia: undertaken between the years MDCCCLIV and MDCCCLVIII, by order of the court of directors of the hon. East India Company, Bd. 1, Leipzig: Brockhaus / London: Trübner, 1861; Bd. 2: ibid. 1862; Bd. 3: ibid. 1863, Bd. 4: ibid. 1866
(die Bände 5 – 9 wurden nicht veröffentlicht)
Atlas zu den Results
Schlagintweit, Hermann de / Adolph Schlagintweit/ / Robert de Schlagintweit: Atlas of Panoramas, Views and Maps, 4 Teile, Leipzig: Brockhaus / London: Trübner, 1861 – 1866
(vollständige Exemplare: Universitätsbibliothek Heidelberg [digitalisiert]; Alpines Museum München)
Reisen
Schlagintweit-Sakünlünski, Hermann von: Reisen in Indien und Hochasien. Eine Darstellung der Landschaft, der Cultur und Sitten der Bewohner, in Verbindung mit klimatischen und geologischen Verhältnissen. Basirt auf die Resultate der wissenschaftlichen Mission von Hermann, Adolph und Robert von Schlagintweit ausgeführt in den Jahren 1854 – 1858,
Band 1: Indien. Jena: H. Costenoble, 1869
Band 2: Hochasien. I: Der Himalaya von Bhután bis Kaschmir. ebd. 1871
Band 3: Hochasien. II: Tibet, zwischen Himalaya- und der Karakorum-Kette. ebd. 1872
Band 4: Hochasien. III: Ost-Turkistan und Umgebung. Nebst wiss. Zusammenstellungen über die Höhengebiete und über die thermischen Verhältnisse. ebd. 1880
Neuere Literatur zu den Brüdern Schlagintweit
Brescius, Moritz von. 2015. „Humboldt’scher Forscherdrang und britische Kolonialinteressen“. In: Brescius / Kaiser 2015, S. 31–88.
Brescius, Moritz von, Friederike Kaiser, Stephanie Kleidt (Hg.). 2015. Über den Himalaya. Die Expedition der Brüder Schlagintweit nach Indien und Zentralasien 1854 bis 1858. Köln, Weimar, Wien: Böhlau. [Mit ausführlicher Bibliographie]
Brescius, Moritz von. 2019. German Science in the Age of Empire. Enterprise, Opportunity and the Schlagintweit Brothers. Cambridge: University Press.
Büchler, Anne, Rolf Schumacher. 1990. Die Nachlässe von Martius, Liebig und den Brüdern Schlagintweit in der Bayerischen Staatsbibliothek, verzeichnet von Anne Büchler und Rolf Schumacher. Für den Druck bearbeitet von Stephan Kellner. Wiesbaden: Harassowitz. [= Findbuch für die Schlagintweitiana der BSB]
Dickoré, W. Bernhard. 2015. „Das Herbarium der Brüder Schlagintweit. Biodiversität vom Dach der Welt“. In: Brescius / Kaiser 2015, S. 305–318.
Gemel, Richard, Elisabeth Haring. 2011. „On two shells of trionychid turtles in the collections of the Zoologische Staatssammlung München with remarks about morphological differences between Chitra Gray, 1844 and Pelocheelys Gray, 1864“. Herpetozoa 23, Nos. 3/4, S. 67–77.
Kick, Wilhelm. 1967. Schlagintweits Vermessungsarbeiten am Nanga Parbat 1856. München. [= Deutsche Geodätische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Reihe C; 97]
Kick, Wilhelm. 1993. Adolph Schlaginweits Karakorum-Forschungsreise 1856. München. [= Forschungsberichte des Deutschen Alpenvereins; 6]
Kleidt, Stephanie. 2015a. „Lust und Last. Die Sammlungen der Gebrüder Schlagintweit“. In: Brescius / Kaiser 2015, S. 113–137.
Kleidt, Stephanie. 2015b. „Zwischen Dokument und Kunstwerk. Die Zeichnungen und Aquarelle der Brüder Schlagintweit aus Indien und Hochasien“. In: Brescius / Kaiser 2015, S.145–159.
Kleidt, Stephanie. 2015c. Zeichnungen der Brüder Schlagintweit von der Expedition nach Indien und Hochasien 1854 – 1858. Konkordanz der erhaltenen und dokumentierten Blätter. München: Deutscher Alpenverein. [Exemplare der Konkordanz liegen in München in der Staatlichen Graphischen Sammlung, der Bayerischen Staatsbibliothek und der Bibliothek des Alpinen Museums – hier auch online (http://services.alpenverein.de/konkordanz_komplett_25942).]
Kleidt, Stephanie 2016/2017. „Frühe Cham-Masken aus dem Kloster Hemis in Ladakh“. Journal Fünf Kontinente. Forum für ethnologische Forschung 2 (2016/2017), S. 112–149.
Kulke, Hermann, Dietmar Rothermund. 2010. Geschichte Indiens: von der Induskultur bis heute, 2. aktual. Aufl. München: C. H. Beck.
Körner, Hans. 1982. „Die Brüder Schlagintweit“. In: Müller, Claudius C., Walter Raunig (Hg.) Der Weg zum Dach der Welt. Innsbruck: Pinguin-Verlag/Frankfurt am Main: Umschau, S. 62–75
Mayer, Christoph. 2015. „Die Gletscherforschungen der Brüder Schlagintweit“. In: Brescius / Kaiser 2015, S. 295–303.
Nüsser, Marcus. 2015. „Natur und Kultur im Himalaya“. In: Brescius / Kaiser 2015, S. 319–343.
Stephanie Kleidt, Alpines Museum, München